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Siemens stärkt seinen Atombereich

■ Gemeinschaftsunternehmen mit britischer Nuclear Fuels geplant

Berlin (taz) – Der Siemens- Konzern baut seinen Atombereich aus. Er will ein Gemeinschaftsunternehmen mit der British Nuclear Fuels Limited (BNFL) gründen, gab die Firma gestern bekannt. Das neue Unternehmen würde einen „umfassenden Nuklearservice von der Uran-Beschaffung über die Brennelementeversorgung bis zum Bau von neuen Kernkraftwerken“ anbieten, so eine gemeinsame Presseerklärung.

Betroffen ist in Deutschland die KWU Kraftwerksunion. Das zwei Milliarden Mark schwere Geschäft mit kerntechnischen Anlagen von der Wartung bis zum Bau von AKWs dieses Konzernbereichs würde Siemens in die Ehe mit der BNFL einbringen. Die Briten steuern ihre Brennelementefertigung bei, nicht jedoch ihre skandalträchtige Wiederaufarbeitungsanlage in Sellafield oder die Urananreicherung. Die Brennelementefabriken der BNFL erzielten 1996 einen Umsatz von 700 Millionen Mark. Siemens wird somit die Mehrheit an der neuen Gesellschaft halten.

Bei der Fusion gehe es nicht um Stellenreduzierungen, so die Unternehmen. Vielmehr „ergänzen sie sich geografisch und von den Produkten her“, sagte KWU-Sprecher Wolfgang Breyer gestern: In England betreut Siemens bisher kaum AKWs, die Geschäfte überschneiden sich kaum. Die 4.100 Siemens- und 2.300 BNFL-Mitarbeiter im neuen Joint-venture müßten nicht allzusehr um ihre Arbeitsplätze bangen.

Die kommende Union soll effektiver um den gut 20 Milliarden Mark schweren Weltmarkt für Atomtechnik werben. Durch den verschärften Wettbewerb bei der Stromerzeugung sind die AKW- Betreiber wählerischer bei der Vergabe ihrer Serviceaufträge geworden. Mit einem kompletten Serviceangebot hoffen Siemens und BNFL, auch künftig gut im Geschäft zu bleiben. Wie zu erwarten, zeigt sich Siemens damit wenig beeindruckt von den Protesten zu seiner 150-Jahr-Feier in Berlin letzten Sonntag. Dort hatten Gruppen wie die Ärzte gegen den Atomkrieg einen Ausstieg des Weltkonzerns aus der Atomtechnik gefordert. Schon länger fordern Anti-Atom-Gruppen die Verbraucher zu einem Siemens- Boykott auf: Weil sie selten Kerntechnik kaufen, soll der Konzern bei Kühlschränken, Glühbirnen oder medizinischen Geräten Kunden verlieren.

Der Bereich Energieerzeugung, unter dem auch die AKW-Technik firmiert, erwirtschaftete laut dem Siemens-Geschäftsbericht 1996 einen Umsatz von 8 Milliarden und einen Gewinn von 410 Millionen Mark. Die Medizintechnik fuhr 30 Millionen Plus ein, der Bereich Licht (Osram GmbH) 369, die Hausgeräte 201 Millionen Mark. rem

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