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Siegerin in Nöten

Bisher hat es die regierende LDP von Premierminister Uno den Sozialisten leichtgemacht: Ihr Versprechen, auf die allseits unbeliebte Umsatzsteuer zu verzichten, und die Empörung vieler Wählerinnen über frauenfeindliche Äußerungen des Landwirtschaftsministers haben sie zur stärksten Partei werden lassen.

Doch ein konkretes Regierungsprogramm fehlt ihr bislang. Als langfristiges Ziel hat sie in der Vergangenheit ein „blockfreies und unbewaffnetes Japan“ auf ihre Fahnen geschrieben. Doch jetzt müßte sie sich Gedanken machen, wie sie mit dem gültigen US-japanischen Sicherheitsvertrag und der bisherigen „Selbstverteidigungsarmee“ umgehen will, falls sie nach der nächsten Unterhauswahl an die Regierung kommt.

Zusätzliche Schwierigkeiten dürfte der Partei ihr eigener Plan bereiten, im kommenden Herbst den ihr nahestehenden Gewerkschaftsbund Sohyo aufzulösen. Mit der konservativen Gewerkschaftsorganisation Domei, die der kleinen Demokratisch-Liberalen Partei (DLP) - nicht zu verwechseln mit der regierenden LDP - will sie dann eine gemeinsame Dachorganisation bilden. Spätestens dann wird die Sozialistische Partei Kompromisse eingehen müssen, denn die neue Dachorganisation (geplantes Kürzel: „Rengo“) wird starken Einfluß auf die Siegerin vom Sonntag haben. Schon bei den Wahlen vom Sonntag kandidierten elf von zwölf Kandidaten des künftigen „Rengo„-Bündnisses erfolgreich in Wahlkreisen, in denen die sozialistische Partei keine eigenen Kandidaten nominiert hatte.

Konflikte sind als erstes in der Atompolitik absehbar. Die konservative Domei setzt weiter auf die strahlende Energie, während ein Teil der SozialistInnen für den Ausstieg ist. Auch gegenüber der Öffentlichkeit wird Parteichefin Doi ein klares Energiekonzept durchsetzen müssen.

Und in der Sicherheitspolitik befürchtet der linke Parteiflügel schon heute, daß zu viele Kompromisse gemacht werden müssen, falls der künftige Gewerkschaftsbund die Partei drängt, den amerikanisch-japanischen Sicherheitsvertrag und die Selbstverteidigungsarmee voll zu akzeptieren. Vermutlich wird es in nächster Zeit innerhalb der Partei zu harten Auseinandersetzungen kommen - es sei denn, einem gut vorbereiteten rechten Parteiflügel gelänge es schnell, das Parteiprogramm in seinem Sinne festzulegen.

Kurz vor der Oberhauswahl hat Parteisekretär Yamaguchi diese Richtung schon angedeutet: „Die Sozialistische Partei Japans“, erklärte er, „ist eine sozialdemokratische politische Macht, so wie in Frankreich oder in Schweden. Unsere Grundsatzposition ist ein System der Freiheit und Demokratie.“

Chikako Yamamoto

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