Sieg für Anti-Gentech-Bewegung: Monsanto gibt Europa auf
Der US-Saatgutkonzern kämpft nicht mehr dafür, dass seine Gen-Pflanzen in Europa angebaut werden dürfen. Gentech-Gegner suchen sich andere Themen.
BERLIN taz | Die Anti-Gentech-Bewegung hat den wohl entscheidenden Sieg errungen: Nach ähnlichen Entscheidungen seiner Konkurrenten hat auch der weltgrößte Saatguthersteller Monsanto den Kampf für gentechnisch verändertes Saatgut in Europa aufgegeben.
„Wir machen keine Lobbyarbeit mehr für den Anbau in Europa“, sagte der Sprecher von Monsantos EU-Niederlassung, Brandon Mitchener, der taz. „Derzeit planen wir auch nicht, die Zulassung neuer gentechnisch veränderter Pflanzen zu beantragen.“ Zudem wolle das US-Unternehmen auf neue Feldversuche mit diesem Saatgut verzichten.
„Wir haben verstanden, dass das im Moment nicht die breite Akzeptanz hat“, ergänzte die Sprecherin von Monsanto Deutschland, Ursula Lüttmer-Ouazane. „Es ist kontraproduktiv, gegen Windmühlen zu kämpfen.“ Mitchener zufolge ist die Nachfrage der Bauern zu gering. In Deutschland liegt dies zum einen daran, dass seit 2009 keine Genpflanze von Monsanto mehr angebaut werden darf.
Zum anderen daran, dass Lebensmittel mit Gentech-Pflanzen wegen der Ablehnung durch die Verbraucher praktisch unverkäuflich sind. Die Konsumenten befürchten – bisher unbewiesene – gesundheitliche Schäden, aber auch eine Landwirtschaft, die mit Gentech-Saatgut noch stärker auf umweltschädliche Monokulturen setzen kann. Monsanto werde jedoch weiter den Gentech-Mais MON810 in Spanien, Portugal und Rumänien verkaufen, wo die Akzeptanz größer sei, sagte der Firmensprecher.
Weiter Protest gegen Importe von Gen-Futter
Außerdem wolle der Konzern immer noch bei der EU Zulassungen dafür beantragen, dass europäische Viehhalter Futter mit Gentech-Pflanzen des Konzerns etwa aus Südamerika importieren dürfen. Das Unternehmen konzentriere sich aber in Europa auf konventionelles Saatgut für Mais, Raps und Gemüse.
Monsantos Konkurrenten Bayer CropScience, BASF und Syngenta hatten bereits früher ihr Geschäft mit Gentechnik-Pflanzen weitgehend aus Deutschland abgezogen. Eine breite Protestbewegung hatte dazu beigetragen, dass die Bundes-Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) 2009 den Anbau von MON810 untersagte. Zur Zeit werden in Deutschland keine Gen-Pflanzen angebaut.
Greenpeace begrüßte Monsantos Erklärung, kündigte aber an, weiter gegen die Importe von Gen-Futter zu kämpfen. Der bekannteste militante Gentech-Gegner Jörg Bergstedt sagte: „Der überregionale Widerstand gegen Gentechnik wird erstmal pausieren.“ Viele Aktivisten würden sich nun andere Schwerpunkte, zum Beispiel gegen Tiermastanlagen oder Gas-Förderung durch Fracking suchen.
Ministerin Aigner teilte der taz mit: „Für die Landwirtschaft in Europa haben sich die Heilsversprechen der Gentechnik-Industrie bisher nicht erfüllt.“ Die agrarpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christel Happach-Kasan, dagegen sagte: „Monsantos Entscheidung ist ein Verlust für Deutschland und Europa.“ Die Volkswirtschaft werde Schaden nehmen. Schädlingsresistenter Mais etwa hätte die Landwirtschaft umweltfreundlicher machen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Frauenfeindlichkeit
Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich