Sieg für Alba Berlin: Konzentrierte Show
Alba Berlin macht im Spitzenspiel der Bundesliga sagenhafte 35 Punkte mehr als ihr Angstgegner, die Baskets Bonn. Für Dominanz unter den Körben sorgt vor ausverkaufter Halle ein Neuzugang aus der Türkei.
Was war das denn? Kopfschüttelnd feierten die Fans von Alba Berlin den haushohen Sieg ihres Teams gegen die Baskets aus Bonn. Ja, es stimmte wirklich. Wer es nicht glauben konnte, versicherte sich mit einem Blick auf den Videowürfel in der Arena am Ostbahnhof noch einmal, dass wirklich stimmte, was er da gerade gesehen hatte. 83:48 hatten die Berliner den deutschen Vizemeister besiegt. Mehr als 14.000 Fans feierten. Die Halle war ausverkauft.
In dieser merkwürdigen Basketball-Bundesliga, wo beinahe jedes Jahr wieder irgendwo in der Provinz eine Wundertruppe zusammengestellt wird, die um den Titel mitspielen kann, ist das Spiel Berlin gegen Bonn so etwas wie ein Traditionsderby. In den letzten Jahren hat Alba gegen kaum einen Klub so oft und so entscheidend verloren wie gegen Bonn. Bitterer Höhepunkt war die Halbfinalpleite im vergangenen Jahr. Mit einem Spiel auf Messers Schneide hatten deshalb nicht wenige gerechnet an diesem Samstag. Und dann das.
Selten dürften die Bonner ein derartiges Debakel erlebt haben. "Wenn man so motivationslos und inspirationslos auftritt, hat man keine Chance in Berlin", stellte Gästetrainer Mike Koch ernüchtert fest. Nur einer, so schien es, wollte dagegenhalten. Chris Ensminger, der mit mittlerweile 36-Jahren Big Man der Bonner. Doch gegen den stellte Alba-Coach Luka Pavicevic im ständigen Wechsel immer frische Gegenspieler, so lange bis auch Ensminger zermürbt war.
Als wahrer Berserker in der Berliner Verteidigung hat sich dabei Cemal Nalga erwiesen. Der bullige Türke agierte unglaublich konzentriert und spielte sich zum ersten Mal ins Bewusstsein der Fans. Vielleicht behalten sie ihn ja dort. Die Anhänger sind es gewohnt, im Laufe einer Saison immer wieder neue Spieler vorgesetzt zu bekommen, die - falls sie dann dich nichts taugen - umgehend wieder auf die Reise durch die Profiligen dieser Welt geschickt werden. Wer kann sich schon noch an Kenan Bajramovic erinnern, den bosnischen Flügelspieler, der nach ein paar Wochen bei Alba schon wieder weg war? Und wer an an Lee Cummard, der direkt von einem Mormonen-College zu Alba wechselte und wieder weg war, bevor die Saison begonnen hatte?
Bei Nalga könnte das anders sein. Das könnte auch an den Umständen seiner Verpflichtung liegen. Nalga ist regelrecht nach Berlin geflohen. Der Center, der bei Galatasaray Istanbul spielte, war nach einer Tätlichkeit gesperrt worden. Sein Club zwang ihn jedoch zu spielen - im Trikot eines Klubkollegen. Das flog auf und Nalga wurde zwei Jahre gesperrt. Als er dann zum Militär eingezogen werden sollte, packte er die Koffer und flog nach Berlin. Alba griff sich das 22-jährige Talent.
Es könnte ein guter Griff gewesen sein. Gegen Bonn holte Nalga in den 18 Minuten, die er auf dem Parkett war, neun Rebounds und machte zehn Punkte. Am Ende durfte er sich als Spieler des Abends feiern lassen. Mit zwei spektakuläre Dunkings bewies er zudem, dass er die Show liebt.
Noch zwei Spielern flogen an diesem Tag die Herzen zu. Der eine ist das gewohnt. Es ist Julius Jenkins, der mit 22 Punkten einmal mehr Berlins treffsicherster Werfer war. Für den anderen war es eine Premiere. Zum ersten Mal wurde Lucca Staiger von seinem Trainer auf das Parkett geschickt. Auch er ist erst seit ein paar Wochen in Berlin. Überraschend verließ er das College-Team der Iowa State University mitten in der Saison. Staiger gilt als eines der größten Talente im deutschen Basketball. Doch für den Liga-Alltag ist der 21-Jährige nicht nicht gut genug. Als gegen Bonn alles längst entschieden war, durfte Staiger ran. Ganz laut wurde es da in der Halle.
Früher waren die besten deutschen Basketballer Leistungsträger bei Alba. So soll es wieder werden. Für Lucca Staiger haben die Fans die Rolle als deutscher Star im Team schon reserviert, bevor sie einschätzen können, wie gut er ist. Früher wurde Alba immer deutscher Meister. So soll es wieder werden. Der Sieg gegen Bonn war schon mal nicht ohne.
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