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Sicherheitsrisiko Brustimplantate"Eigengewebe ist eine Dauerlösung"

Die Brustrekonstruktion mit Eigengewebe wird vielen Frauen gar nicht angeboten, sagt Hisham Fansa. Der Facharzt für Chirugie im Gespräch über Silikonimplantate.

Kontrolliertes Qualitätsprodukt! Brustimplantate halten trotzdem nicht lebenslang. Bild: dpa

taz: Herr Fansa, nach einer Krebsoperation kann die weibliche Brust auch ohne Silikonimplantante aufgebaut werden. Wie funktioniert das?

Hisham Fansa: Es wird Fettgewebe am Bauch, Oberschenkel oder am Gesäß entnommen, das an der Brust mikrochirurgisch wieder angesetzt wird. Die Brust wird neu geformt und der alten angepasst.

Haben Frauen dann am Bauch oder am Oberschenkel Löcher?

Nein. Die meisten Patientinnen haben überschüssiges Fettgewebe am Unterbauch oder an den Oberschenkeln. Die Entnahme ist eine klassische OP-Methode, ähnlich wie bei einer Bauchstraffung.

Welchen Vorteil hat das Ganze?

Hisham Fansa

43, ist Professor und Facharzt für Allgemeine Chirurgie am Klinikum Bielefeld. Seit kurzem ist er Präsident der Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung.

Die Rekonstruktion mit Eigengewebe ist von der Art und Weise und ebenso ästhetisch deutlich besser als ein Silikonimplantat. Studien belegen, dass die Hälfte aller Patientinnen mit Silikonimplantaten innerhalb von fünf Jahren erneut operiert werden müssen, weil das Silikon nicht körperadäquat ist. Das Eigengewebe hingegen ist, wenn es eingeheilt ist, eine Dauerlösung.

Gibt es Frauen, bei denen das nicht geht?

Bei sehr schlanken Patientinnen kann kein Fettgewebe entnommen werden. Es gibt auch aber Patientinnen etwa mit Herz- oder anderen Erkrankungen, bei denen das OP-Risiko zu groß ist.

Warum wird diese Methode so selten angewendet?

Vielen Patientinnen wird dieses Verfahren erst gar nicht angeboten. Und in manchen Kliniken gibt es keine plastischen Chirurgen, die sich damit auskennen. In Deutschland führen nur wenige Brustkrebszentren einen mikrochirurgischen Brustaufbau durch.

Warum ist das so?

Es gibt kaum Kooperation.

Es gibt doch Leitlinien, nach denen Frauen über diese Methode aufgeklärt werden müssen. Die Frauen müssen sogar einen Fragebogen ausfüllen und unterschreiben.

Richtig. Aber die Richtlinien werden vielfach nicht umgesetzt. Ansonsten gäbe es ja viel mehr Frauen, die ihre Brust mit Eigengewebe rekonstruieren lassen würden. In die Zentren, die das anbieten, reisen Frauen aus der gesamten Republik.

Und wie erfahren die Frauen davon?

Junge Frauen übers Internet und über Chatrooms. Ältere Frauen, die das Netz nicht nutzen, wissen davon nichts.

Ist das Verfahren teuer?

Es ist teurer als eine Silikonimplantation, weil es aufwendiger ist. Aber die Kosten werden von den Kassen übernommen.

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5 Kommentare

 / 
  • A
    A:D

    Ich bin von Dr. Fansa nach Brustkrebs gleich 2 mal operiert worden. Habe dummerweise aus meiner gesunden Brust wegen genetischer Vorbelastung das Drüsengewebe mit entfernen lassen und mit Eigengewebe aus den Innenoberschenkeln ( eher unüblich) aufbauen lassen. Diese OP dauerte über 8 Stunden und nach 3 Tagen starb das Gewebe ab. Alles mußte wieder raus und es folgte ein Aufbau mit Implantaten. Das war 2008. Was dann folgte ist der blanke Horror. DR. Fansa hat meine beiden Brüste regelrecht verstümmelt. Das Ergebnis ist schockierend und seit 2009 läuft meine Klage gegen ihn. Aufgrund der Klage durfte ich mich bis zum Gutachten, das endlich im Juli 2011 statt fand, nicht erneut operieren lassen. Im August 2011 war es dann soweit, ich hatte Rückenschmerzen und konnte nicht mehr arbeiten. Im Dezember 2011 wurden die Implantate endlich in einer anderen Klinik entfernt. Die Implantatgrößen waren von Dr. Fansa 2008 falsch gewählt worden, reingequetscht, so dass mein gesamter Brustkorbbereich in den 4 Jahren zurück gedrückt wurde. Wir haben Mai 2012 und ich erhole mich sehr langsam von diesen Folgen. Es macht mich wütend, das Ärzte wie Dr. Fansa oder auch Dr. Mang sich ständig ins Rampenlicht setzen und wir als Opfer einfach vergessen werden.

  • I
    ion

    @Gudrun Kemper;

     

    vielen Dank, dass zu der in der taz wochenlang ebenso breit wie tendenziös und (hirn-)rissig kommentiert ausgewalzten Thematik jener 'Kunst-Am-Bau' hier endlich (doch noch) mal jemand, insbesondere eine Frau auf die grundsätzlichen Risiken aufmerksam macht und fundierter über die aktuell vorgestellte Variante aufklärt, was die Artikel-Autorin: S. Schmollack, gleich gänzlich entgegen jeglicher journalistischen Sorgfalts-Pflicht unterlässt; Und signifikanterweise wurde das dann auch noch unter der Rubrik: "Konsum"(!) publiziert.

    Aber dazu 'passt' eben auch die haarsträubende Wortwahl ihrer Kollegin H. Haarloff, die folgendermaßen klempnert:

     

    "08.02.2012 | US-Studie zu Silikonimplantaten,

    Keine Brust fürs Leben

    Von Heike Haarhoff

    (....).

    Danach sind Gründe für den Wiederausbau unter anderem (....).";

     

    "Wiederausbau" !

    Er schraubt am Opel, Sie an den Titten, oder wie ?!

     

    Und nirgendwo in der taz das kleinste Wort über, cf. spiegel.de:

    "09.02.2012 | Schönheitschirurg unter Verdacht,

    Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Werner Mang";

     

    dafür aber volksverblödende headlines, wie z.B.:

     

    "Niemand weiß, wie viele Implantate welchen Schaden anrichten.

    Kommentar von Simone Schmollack | taz 08.02.2012";

     

    Die taz-Autorinnen sollten ihren Standpunkt zur Titten-Thematik endlich grundlegend überdenken, ansonsten werden 'wir' hier demnächst wohl noch journalistisch gehypte Ideal-Vorgaben und Forderungen lesen, dass Kunst-Euter zum Standard-Tuning jeder 'modernen Frau' und deren 'Ein-/Aus-bau' und 'Wartung' in den Leistungskatalog aller Krankenkassen gehören (sollten).

  • I
    ion

    Na bitte ! Jetzt haben 'wir' des Drudels Kern doch noch (vor Ostern) gefunden, Frau S. Schmollack, H.Haarhoff, etc., oder nicht ?

    Könnten 'wir' das wochenlang in der taz bekrittelte "Pimp my breast"-Thema jetzt mal für ein paar Tage aus-setzen oder -sitzen ?

  • GK
    Gudrun Kemper

    Eigengewebe ist keineswegs immer eine Dauerlösung. Headline und die nachfolgende Diskussion versprechen eine einfache Lösung. Doch Sie vernachlässigen die Risiken. So kann m.E. kann nur argumentiert werden, wenn entsprechende Operationsraten gesteigert werden sollen. Auch wirkt der Beitrag, als sei dies nun eine Lösung für alle von Brustkrebs betroffenen Frauen, die Silikon ablehnen. Und damit steigt der Druck auf Betroffene, ihre „Vollständigkeit“ „rekonstruieren“ zu lassen, weiter an. Allein die Operationsdauer der Verpflanzungen von Eigengewebe mit teilweise über 6 Stunden auf dem OP-Tisch lassen erahnen, wie schwerwiegend die Operationen sind, von denen hier die Rede ist. Frauen, die von Brustkrebs betroffen sind, bräuchten ihre Kraft grundsätzlich eher, um den Krebs zu überleben. Es wäre dringend Zeit, Risiken deutlicher anzusprechen und nicht allein zu verharmlosen und auszublenden. Die kritische Betrachtungsweise fehlt. Eine Verpflanzung von Eigengewebe verursacht weitere Narbenfelder und Schmerzen. Eigengewebe kann nach der Operation absterben. Das passiert in ca. 2 - 5% der so behandelten Fälle. Dann war alles umsonst und nichts von Dauer. Der verbleibende Schaden ist in diesem Fall sehr viel erheblicher als wenn der Versuch nicht unternommen worden wäre. Bei der Verwendung von Gewebe aus dem Unterbauch (Tram-Lappen) kommt es in etwa 10% der Behandlungsfälle zum späteren Bruch der Bauchdecke. Auch die Belastbarkeit nach der Operation ist naturgemäß dann eingeschränkter. Frauen berichten teilweise, dass sie sich von genau diesen schweren Operationen nie mehr erholt haben. Manche Frauen sind mit Korrektur- und Nachfolge-OP’s häufiger so lange beschäftigt, bis Metastasen der Krebserkrankung die Frau endgültig damit konfrontieren, dass „Heilung“ unmöglich ist. Die Liste der Risiken lässt sich noch erheblich verlängern. Gesünder machen diese Operationen, bei denen gern von „Lebensqualität“ gesprochen wird, leider auch nach Krebs nicht. Sieht man die zahllosen Medizingeschädigten nach chirurgischen Eingriffen an der Brust mit und ohne Silikon, wird deutlich, welche Opfer Frauen auf sich nehmen, um den Folgen der Sexualisierung der weiblichen Brust in westlichen Gesellschaften Rechnung zu tragen.

  • S
    sigibold

    @Artikel

    Es ist teurer als eine Silikonimplantation, weil es aufwendiger ist. Aber die Kosten werden von den Kassen übernommen.

     

    Geht man davon aus, dass deutlich weniger Folgeschäden auftreten sollen, ist es wahrscheinlich im Schnitt sogar erheblich preiswerter.

     

    sigibold