: Showdown in Rostock
„Echte PDS gegen „wahre“ PDS: Dem Hamburger Landesverband droht auf dem Bundesparteitag seine Auflösung – und Neugründung ■ Von Marco Carini
Sie bekämpfen sich seit Jahren bis aufs Messer: Der von der „Liste links“ dominierte Landesvorstand der Hamburger PDS und der inzwischen weitgehend im „Stadtverband Hamburg“ organisierte PDS-Reformflügel. Auf dem Rostocker PDS-Parteitag könnte es jetzt am 17. März zum Showdown kommen: Die Delegierten sollen über die „Auflösung des Landesverbandes Hamburg der PDS“ entscheiden. Direkt danach steht die „Neukonstituierung des Landesverbandes Hamburg“ zur Abstimmung.
25 Hamburger GenossInnen haben die beiden Anträge formuliert. Sie werfen der „linken Liste“ um das „Trio infernale“ Olaf Walther, Kirsten Radüge und Kristian Glaser vor, mit der „Terrorisierung“ von Parteimitgliedern, Protokoll-Manipulationen und „linkem Sektierertum“ jede demokratische Willensbildung und Vorstandsneuwahl in Hamburg zu boykottieren. Seit Mitte der neunziger Jahre konnte die „Liste links“ immer wieder mit Geschäftsordnungstricks und Gerichtsverfahren verhindern, die Macht aus den Händen zu geben.
Im vergangenen Juli gründeten die GegnerInnen der „linken Liste“ den „PDS-Stadtverband Hamburg“. Seitdem verstehen sich beide Gruppen als legitime Vertretung der Partei des demokratischen Sozialismus in Hamburg. So kandidierten sie bei der Bürgerschaftswahl im vergangenen Jahr gegeneinander. Die „linke Liste“ als „sozialistische Eigenkandidatur“ unter dem Namen PDS, die Stadtverband-Aktiven auf der Regenbogen-Liste. Da der hanseatische Dauerzoff zwischen „echter“ PDS und „wahrer“ PDS nun auch den bevorstehenden Bundestagswahlkampf zu überschatten droht, soll die realsozialistische Politklamotte in Ros-tock endgültig ein Ende finden. „Alles andere wäre für die PDS eine Katastrophe“, warnt Christiane Schneider, eine der Hamburger AntragstellerInnen.
Doch der Abstimmungserfolg ist fraglich: Die Regie des Parteitages will es, dass die Hamburger Anträge ganz am Schluss der Tagesordnung stehen, wenn sich viele Delegierte bereits auf dem Heimweg befinden. Die Auflösung eines Landesverbandes aber bedarf einer Zweidrittelmehrheit: nicht aller noch anwesenden, sondern aller entsandten Parteitagsdelegierten.
Auch hat es der Bundesvorstand bislang vermieden, sich klar hinter die Anträge zu stellen. Zwar lehnte er bereits im vergangenen Sommer jede Zusammenarbeit mit der „Lis-te links“ ab, doch eine klare Empfehlung, den Hamburger Landesverband aufzulösen gibt es nicht.
Problem Nunmmer drei: Viele Delegierte dürften aus Prinzip gegen eine allzu starke Einmischung der PDS-Bundesebene in die Angelegenheiten der Landes-Parteigliederungen stimmen. Sie befürchten, dass ein Exempel statuiert werden könnte, auf dessen Grundlage später auch andere, unliebsame Landesverbände von „oben“ abgesägt werden könnten.
Aber selbst ein Erfolg der Hamburger AntragsstellerInnen könnte die hanseatische PDS weiter lähmen. Ziehen die Liste Links-AktivistInnen gegen den möglichen Bundesbeschluss vor Gericht, wäre weder der alte noch ein möglicher neuer Landesvorstand handlungsfähig. Eine Aufstellung einer Hamburger Liste für die Bundestagswahl wäre ebenso fraglich, ein geordneter Wahlkampf unmöglich.
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