Shorts als Schutz vor Vergewaltigung: Der sportliche Keuschheitsgürtel

Ein Schloss am Hosenbund und ein Alarm mit Sirene: Mit „Safe Shorts“ will eine Unternehmerin Joggerinnen vor Übergriffen schützen.

Eine Frau joggt im Sonnenuntergang über ein Feld, zu sehen ist nur ihre Silhouette

Nichts wie her mit einer sicheren Jogginghose, dachte sich Sandra Seilz. Das Ergebnis: „Safe Shorts“ Foto: dpa

BERLIN taz | Die Homepage sieht aus wie der Versuch von Weblehrlingen: Oben das schwarz-weiß-Foto einer Frau, die allein durch einen Tunnel läuft und sich angstvoll umdreht. Folgt mir auch keiner? Darunter – auf rosa Grund – eine Zahl der Weltgesundheitsorganisation: 20 Prozent der Frauen weltweit erleben Gewalt. Und dann der Knallersatz: „Save Shorts gibt dir Schutz und Sicherheit.“ Und: „Weltneuheit“.

Save Shorts? Hä? Ja, richtig gelesen. Save Shorts. Und die geht so: Man nehme eine Jogginghose aus festem Stoff, baue in den Schritt einen Protektor ein und oben am Bund ein kleines Schloss und eine Sirene. Herauskommt eine Art Keuschheitsgürtel, mit dem Frauen sicher durch den Wald joggen können. Denn wenn die Hose heruntergerissen oder am Schloss gewaltsam rumgefummelt wird, geht – zack zack – die Sirene los. In höllischer Lautstärke. Soll jeden Vergewaltiger in die Flucht treiben.

Ist das ein Fake? Von NachwuchsprogrammiererInnen, die sich als kleine Fingerübung – zack zack – eine Seite bauen wollten, um zu gucken, was man damit alles so machen kann?

Nö, sagt Sandra Seilz: „Save Shorts gibt es wirklich.“ Seilz, 41, ist Diplomkauffrau und in Oberhausen Inhaberin einer Firma, die PR macht für Leute, die nicht wissen, wie sie ihre technischen Erfindungen vermarkten sollen. Also für Sachen wie Save Shorts.

Seilz hatte Glück

Dieser Keuchheitsgürtel des 21. Jahrhunderts sei ihre eigene Erfindung, sagt die Marathonläuferin. Als sie vor einem Jahr durch den Wald gejoggt sei, sei sie von drei jungen Männern angegangen worden. Zwei hätten sie festgehalten, einer habe sie vergewaltigen wollen. Aber sie hätte Glück gehabt, ein vierter Mann mit einem Schäferhund sei vorbei gekommen und die Drei hätten von ihr abgelassen.

Nichts wie her mit einer sicheren Jogginghose, habe sie damals beschlossen. Und – zack zack – einen Designer beauftragt, ihr das Ding zu bauen, aus Mikrofaser und mit halblangem Bein, als Jogginghose unter der Jogginghose. Seit September vermarkte Seilz Save Shorts, bislang hätten etwa 60 Frauen den sportiven Keuschheitsgürtel bestellt. Kaufen könne man den für 149 Euro derzeit nur online. Seilz schwebt aber vor, die Hose ins Karstadt-Sortiment zu bringen.

Aber was, wenn man beim Joggen pinkeln muss und den Schlüssel nicht dabei hat? Wie sich wehren, wenn der Angreifer sich nicht abschrecken lässt von der Sirene und statt dessen ein Messer zückt? Und warum sollen Frauen einen Keuschheitsgürtel, äh, Save Shorts, anziehen, um ohne Angst durch den Wald zu joggen? Entlässt man damit die Politik und Zivilgesellschaft nicht aus ihrer Verantwortung, für Sicherheit zu sorgen und etwas gegen Gewalt an Frauen zu tun?

Fragen, die man stellen kann. Die auch Seilz hat, sagt sie. Die ihr aber nicht helfen, wenn sie das nächste Mal in eine brisante Situation gerät. Stattdessen arbeite sie an einer weiteren Weltneuheit: am Hipsterslip für unter den Rock und Jeans mit ohne Visible Panty Line.

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