Sherlock Holmes bei Sat.1: Mit Tattoo und Sixpack
In „Elementary“ schickt Sat.1 mal wieder einen Sherlock Holmes auf Verbrecherjagd. Der Detektiv kränkelt nicht mehr und Doktor Watson ist weiblich.
![](https://taz.de/picture/177314/14/Sherlock1cbstele1.jpg)
Sherlock Holmes kehrt zurück ins Fernsehen. Mal wieder. Diesmal bei Sat.1. Diesmal unter dem Titel „Elementary“. Und diesmal im heutigen New York. Der wohl berühmteste Detektiv der Welt war ja nie lange weg vom Schirm: In den 60er Jahren verfilmte der WDR den Klassiker, in den 80er und 90er Jahren lief die britische Serie „Die Abenteuer von Sherlock Holmes“, 2010 und 2011 wurde Holmes für zwei Hollywood-Filme zum Action-Helden, und parallel bereitete die BBC den Stoff für das moderne London in der Serie „Sherlock“ auf – um nur einen kleinen Auszug aus der Sherlock-Holmes-Film-und-Fernseh-Chronologie zu nennen.
Das Format von „Elementary“ nun hat mit dem Original aus der Zeit um 1900 nicht viel gemeinsam, funktioniert aber als spannende Krimiserie. Der ermittelnde Sherlock bleibt ein exzentrischer Engländer, versetzt in die US-Megametropole. Die Story setzt dort ein, wo die letzten Geschichten des Holmes-Erfinders Arthur Conan Doyle aufhören: Der Londoner Detektiv hat es geschafft, seine Drogenabhängigkeit zu besiegen, wobei ihm das Lösen von Fällen hilft.
In „Elementary“ muss er sich an den cleanen Alltag in New York City gewöhnen. In der ersten Folge lernt Sherlock Holmes seine Rehabilitationsbegleiterin kennen: Joan Watson, die ihm ankündigt, erst mal einzuziehen und die kommenden Wochen bei ihm zu wohnen. Aus dem Holmes-Assistent Dr. Watson ist so die Rolle der Ärztin Joan Watson geworden, gespielt von Lucy Liu („Drei Engel für Charlie“, „Kill Bill“).
Holmes nimmt sie zu seinen Einsätzen mit, bei denen Watson ihr Interesse an Kriminalfällen entdeckt. Dabei bezeichnet sich Holmes selbst nie als Detektiv, sondern als „Berater“. Das passt wie Rehabilitationsbegleiterin besser ins Jetzt. Der neueste, von Jonny Lee Miller („Trainspotting“) gespielte Sherlock ähnelt auch nicht dem Bild, das Arthur Conan Doyle einst von Sherlock Holmes als hagerem blässlichen Mann zeichnete. Der Holmes 2013 ist lässig und cool – mit Dreitagebart, Bauchmuskeln und Tattoos. Auch das Markenzeichen des alten Detektivs fehlt: die Pfeife und das starke Rauchen.
Ein Frauentyp
Ein weiterer Unterschied ist das Interesse an Frauen. Der echte Holmes machte sich nichts aus ihnen, der amerikanische Sherlock schleppt schon in der ersten Folge eine Frau ab und redet darüber – weit weg vom britischen Understatement. Diese Sherlock-Holmes-Aufbereitung kam in den USA gut an: Bei CBS hatte die Serie im vergangenen Herbst im Schnitt mehr als zehn Millionen Zuschauer.
Ähnlich viele schauten in Großbritannien bei der BBC-Serie „Sherlock“ zu. Denn auch die BBC griff 2010 und 2011 die Geschichte des britischen Detektivs erneut auf und ließ ihn im London von heute ermitteln. Den Ermittler spielt dort Benedict Cumberbatch, der wesentlich mehr wie das Original wirkt: kränklich und verstörend.
Sein Begleiter Watson muss permanent die Weltfremdheit seines berühmten Partners in alltäglichen Dingen kompensieren – und an Frauen hat dieser Sherlock nur Interesse, wenn sie zur Lösung eines Falls beitragen können. Auch der britische Humor gibt diesem Format, das 2011 und 2012 in der ARD ausgestrahlt wurde, einen ganz anderen Charakter.
Den US-Sherlock Jonny Lee Miller scheint diese Konkurrenz nicht zu stören. Auch dass er die Hauptfigur in einem Remake von einem Remake von einem Remake mimt, ficht ihn nicht an: „Es ist so ein reichhaltiges Material, es gibt Hunderte Wege, daraus etwas zu machen“, sagte er der BBC.
Das sehen auch die beiden beteiligten Sender BBC und CBS so: Die Briten wollen 2013 eine dritte Staffel von „Sherlock“ drehen, und in Amerika bestellte CBS kurz nach dem Start der Serie elf weitere Folgen, die in diesem Frühjahr laufen sollen.
„Elementary“, Sat1, Donnerstag, 21.15 Uhr.
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