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Sexueller Missbrauch in der KircheKatholiken lassen sich durchleuchten

Wie kam es zu den Taten? Wie können neue verhindert werden? Die katholische Kirche gewährt Kriminologen Einblick in sämtliche Personalakten der letzten zehn Jahre, um diese Fragen zu klären.

In Wirklichkeit viel zu selten passiert: Strafverfolgung von sexuellem Missbrauch durch Priester und Kirchenmitarbeiter. Bild: imago/Steinach

BERLIN dapd | Ein Jahr nach dem Höhepunkt des Missbrauchskandals hat die Katholische Kirche eine umfassende Studie dazu in Auftrag gegeben. Wie der Spiegel am Wochenende meldete, sollen alle 27 Diözesen sämtliche Personalakten der vergangenen zehn Jahre für das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen öffnen, neun Bistümer zusätzlich sogar die Papiere bis ins Jahr 1945 zurück.

Mit der Studie wolle die Bischofskonferenz ermitteln, unter welchen Umständen es zu den Taten gekommen ist, wie die Kirche damit umgegangen ist und wie neue Fälle verhindert werden können, hieß es. Einen einstimmigen Beschluss dazu habe die Deutsche Bischofskonferenz am 20. Juni gefasst. Die Untersuchung sei in Europa beispiellos. Sie sei auf drei Jahre angelegt. Details wollten die Bischöfe in dieser Woche vorstellen.

Unter Aufsicht eines Instituts-Teams aus pensionierten Staatsanwälten und Richtern sollen dem Bericht zufolge Kirchenmitarbeiter die Personalakten auf Hinweise zu sexuellen Übergriffen durchsuchen. Danach solle das Team selbst die Verdachtsakten auswerten. Allen noch erreichbaren Opfern solle ein Fragebogen zu dem Vorfall ausgehändigt werden. Möglich wären danach ausführliche Interviews. Dies gelte auch für Täter, die dazu bereit sind, berichtet das Magazin.

In einer weiteren Studie solle eine Psychiatergruppe um den Essener Gerichtsgutachter Norbert Leygraf eine Auswertung von rund 50 Fällen vorlegen, in denen Priester und Ordensleute unter dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs vor Gericht standen und dafür psychiatrisch untersucht wurden.

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2 Kommentare

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  • A
    Andrea

    Ist ja mal wieder typisch... Kirchenmitarbeiter sollen die Akten durchforsten, nur die Verdachtsakten werden von Externen untersucht. Genügend Gelegenheit, doch die eine oder andere brisante Akte oder Notiz darin in einem sicheren Tresor verschwinden zu lassen - sofern das nicht ohnehin längst geschehen ist, Zeit war ja seit dem Skandal wahrlich genug. Klar, ein paar Bauernopfer wird man schon bringen (müssen), wo es sich nicht vermeiden lässt. Aber die "großen Fische" werden bestimmt weiterhin guuut geschützt...

     

    Selbst wenn das Kriminologische Forschungsinstitut dann Zugang zu den Daten hat, welchen Kirchenmitarbeitern gegenüber bei irgendwelchen Opferhotlines schon Vorwürfe erhoben wurden, bleibt noch genügend Gelegenheit zum Vertuschen...

     

    An solchen Beschlüssen erkennt der Außenstehende, welches Ringen es hinter verschlossenen Kirchentüren zwischen progressiven und reaktionären Kräften geben muss. Es bleibt zu hoffen, dass die progressiven Kräfte mit der Zeit stärker werden.

  • K
    Kalle

    Hä?

    Ich verstehe nicht ganz.

    Wer wertet die Akten denn nun aus, das Kriminologische Forschungsinstitut oder Kirchenmitarbeter.

    Ist ja wohl n kleiner Unterschied...