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Sexualisierte Gewalt im VereinAlltag im deutschen Breitensport

Physische und psychische Übergriffe gehören zum Alltag im Vereinssport, sagt eine neue Studie. Vereine seien alles andere als eine Oase der Sicherheit.

Alles sicher? Gleich wird in dieser Halle geturnt Foto: picture-alliance/dpa

Im Verein ist Sport am schönsten.“ So lautet die wohl bekannteste Kampagne, die der deutsche Sport je für seine Vereine gestartet hat. 1987 wurden mehr als 160.000 große Plakatflächen angemietet, um den Vereinssport zu promoten. In den unterschiedlichsten Variationen wird die Botschaft, nach der das Sporttreiben in der Klubgemeinschaft am meisten Spaß mache, bis heute wiederholt. Aktuell wirbt etwa der Deutsche Turner-Bund mit dem Hashtag #sportVEREINtuns für seine Klubs.

Es wird eine Umgebung angepriesen, die nicht nur der Gesundheit dienlich ist, sie soll auch zum Lebensglück beitragen. Dass der Sport alles andere bietet als eine Oase der Harmonie, das wurde am Donnerstag deutlich, als erste Zwischenergebnisse der Studie „Sicher im Sport“ verröffentlicht wurden. Sie zeichnet ein finsteres Bild des Alltags im deutschen Breitensport.

4.367 Mitglieder von Sportvereinen wurden zu ihren Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt befragt. Etwa 20 Prozent gaben dabei an, im Zusammenhang mit dem Vereinssport ungewollte sexuelle Berührungen oder Handlungen erlebt zu haben. Anzügliche Bemerkungen oder übergriffige Text- oder Bildnachrichten sind bei einem Viertel der Befragten schon mal eingelaufen. Und sechs von zehn Sporttreibenden sind im Verein beschimpft oder bedroht worden. Über ein Drittel der Befragten sind sogar schon mal im Verein geschüttelt oder geschlagen worden. Kann seine Kinder noch unbesorgt in den Sportverein schicken, wer diese Zahlen kennt?

Zur Wochenmitte hatte schon die Fifpro, eine internationalen Interessenvertrertung für Profis im Fußballsport, mit der Veröffentlichung einer Studie für Aufsehen gesorgt. Dort wurde der Fußball als „Hochrisikoumgebung“ für junge Menschen geschildert. Die Hoffnungen vieler junger Menschen aus ärmeren Familien auf eine Karriere als Fußballprofi würden bisweilen schamlos ausgenutzt und führten geradewegs in den Missbrauch.

In der Hochglanzwelt des Fußballs sei, auch das stelllt Fifpro fest, oft kein Platz für das Thema der strukturellen Gewalt im Sport. Wieviel Missbrauch in der Art, wie die Konkurrenzsituationen innerhalb von Klubs und Teams ausgetragen werden, legt die Studie gnadenlos offen. Soll man nun nicht mehr zum nächsten Fußballklub gehen, wenn man Lust auf's Kicken hat?

Immerhin scheint dass Bewusstein für das Thema zu wachsen. Dass etliche Landessportbünde die Studie zu sexualisierter Gewalt im Breitensport unterstützt haben, zeigt das. Auch die Befragung von Klubs und Verbänden, die Teil der Studie ist, macht deutlich, dass man um das Problem weiß. Die meisten Verbände geben dabei an, dass sie Verdachtsfälle, die bei ihren Geschäftsstellen einlaufen, an externe Beratungsstellen weiterleiten. Man ist sich also im Klaren darüber, dass außerhalb der Vereins- und Verbandsstrukturen Opfer von sexualisierter, körperlicher und psychischer Gewalt am besten betreut werden können.

Eine unabghängige Anlaufstelle für Gewaltopfer fordert die Sportlervertretung Athleten Deutschland schon länger. Grundsätzlich hat dieser Forderung niemand widersprochen. Und doch tut sich wenig, obwohl das Konzept eines unanbhängigen Anlaufpunkts für „Safe Sport“ auch aus der Politik Unterstützung erfahren hat. Es wird Zeit, dass der Deutsche Olympische Sportbund aufwacht. Will der organisierte Sport Anlaufpunkt für Menschen bleiben, die sich fit halten wollen, muss er für Sicherheit im Vereinsumfeld Sorge tragen.

Dass man sich auch ohne Verein fit halten kann, ist in der Pandemie nur allzu deutlich geworden. Wer einem Fitnesspapst auf Youtube nachturnt, muss keine Angst vor sexuellen Übergriffen haben.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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