Sexarbeit: Bordellus interruptus

Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg verweigert die Genehmigung für ein geplantes Großbordell an der Potsdamer Straße. Dort sollten arme Prostituierte ihrer Arbeit nachgehen. Jetzt droht ein Rechtsstreit.

Kein Bett: Prostituierte bleiben vorerst auf der Straße. Bild: AP

Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hat den Antrag auf Baugenehmigung für ein Großbordell an der Potsdamer Straße abgelehnt. Das teilte Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) am Donnerstag mit. Damit ist das Vorhaben aber nicht vom Tisch. Der Rechtsanwalt der Antragsteller sprach von einer politischen Entscheidung, die rechtlich nicht zu halten sei. Er kündigte Widerspruch an. Gleichzeitig lüftete er das Geheimnis, wer die Zielgruppe für das sogenannte Laufhaus mit gewerblicher Zimmervermietung ist: Frauen aus Osteuropa und Drogenabhängige, die zurzeit rund um das Sexkaufhaus "Love Sex and Dreams" (LSD) zu Billigstpreisen ihre Dienste anbieten.

Der Antrag sieht vor, in dem Eckhaus an der Kurfürstenstraße über dem LSD ein Laufhaus mit circa 50 Zimmern einzurichten. Als Betriebszeit wird die Zeit von 11 Uhr vormittags bis 6 Uhr morgens angegeben. "Es handelt sich um eine intensive Nutzung mit hoher Kundenfrequenz", sagte Krömer. Für die Anlieger würde dies eine "unzumutbare Störung" bedeuten.

Dass das Bezirksamt den Antrag ablehnen würde, hatte sich abgezeichnet. Als die Pläne im Oktober ruchbar wurden, gingen Anwohner, Gewerbetreibende, Kindergärtnerinnen, Grundschullehrer, Pfarrer und Quartiersmanager gemeinsam auf die Barrikaden. Prostitution habe es im Kiez immer gegeben, hieß auf einer Bürgerversammlung. Aber seit dem EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien habe sich die Lage im Kiez extrem zugespitzt. Ein Großbordell würde die Situation weiter verschlimmern. Abwanderungen von Geschäften und Wegzüge von Familien aus dem Kiez könnten die Folge sein. Schon jetzt machten viele Anwohner nachts kaum ein Auge mehr zu aufgrund des Gezänks der Prostituierten und deren Zuhälter sowie des Motorenlärms der herumkurvenden Freier. In der Kita in der Kurmärkischen Straße sei die Abwanderung bereits zu spüren: Die Hälfte der 120 Plätze sei frei. Das Bezirksamt teilt die Bedenken. Mit einem Laufhaus, so Krömers Befürchtung, würden die Probleme "kulminieren".

Der Rechtsanwalt der Antragsteller, Leander Gast, argumentierte am Donnerstag genau andersherum. Zielgruppe für das Laufhaus seien doch gerade die Billigprostituierten, von denen sich die Anwohner gestört fühlten. Durch ein Laufhaus würden "die Probleme von der Straße weggezogen", meint Gast. Auch im Umfeld der Laufhäuser in Köln, Frankfurt und Stuttgart habe man diese Erfahrung gemacht.

Wer das Laufhaus betreiben will, ist jedoch weiterhin nicht bekannt. Krömer sprach von einem "auch an anderen Stellen des Landes agierenden Antragsteller". Um den Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich das LSD befindet, handelt es sich laut Rechtsanwalt Gast jedoch nicht. Den Namen wollte er jedoch nicht preisgeben. Er verschwieg auch, ob sein Mandant auf dem Sektor Laufhäuser und Bordelle Erfahrungen habe.

Gast hatte sich bei der Pressekonferenz im Rathaus Schöneberg unter die Journalisten gemischt. Neben ihm saß die Architektin Birgit Jürgens, die das Bauvorhaben für das Laufhaus betreuen möchte. Architektonisch seien die Pläne nicht anspruchsvoll, so Jürgens. Die Zimmer seien klein, es werde darin nur ein Waschbecken geben. Duschen und WCs seien etagenweise geplant. Die angedachte Tagesmiete von 10 bis 20 Euro pro Zimmer sei auch für arme Prostituierte erschwinglich. Dazu gebe es einen Security-Posten an der Tür und einen Wäscheservice. Das seien für die Frauen im Vergleich zu jetzt wesentlich bessere Arbeitsbedingungen, ist sie überzeugt.

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