Serie: Neue digitale Spiele für 2011 (1): Die Überwindung der Moral
Sie wissen nicht, was Sie mit Ihrer Zeit anfangen sollen? Wie wäre es mit totschlagen! Am besten mit digitalen Spielen, die 2011 erscheinen sollen. Zum Beispiel "The Witcher II".
Ein Spiel für Menschen, die die Umwelt kaputt machen und sich dabei schlecht fühlen - also was für taz-Leser. Held der Geschichte ist Geralt, ein zynischer, mit Magie und Drogen aufgemotzter professioneller Monsterjäger. Menschen rufen ihn, um Vampire oder Drachen zu erlegen, nach dem Job fürchten und verachten sie ihn wieder für seine Andersartigkeit. Geralt wiederum mag sich selbst und seinen Beruf nicht sonderlich, weil es ihm zuwider ist, die Welt ihrer Wunder zu berauben, seien die auch noch so gefährlich.
Sein Dilemma: Er kämpft dafür, die Natur den Menschen ein für alle Mal untertan zu machen. Und die sind keine Sympathieträger. Es sind oft genug Rassisten, die Elfen und Zwerge in Ghettos sperren - mit einem zünftigen Pogrom ab und an. Es sind Bigotte, deren Kirche Barmherzigkeit predigt und dann die tötet, die ihr nicht genehm sind. Das Spiel kommt übrigens aus Polen - es basiert auf einer dort und inzwischen auch hier erfolgreichen Romanreihe.
2011 ist das Jahr der großen Fortsetzungen - in Sachen Rollenspiel haben bekannte Namen neue Auftritte, zum Beispiel "Dragon Age 2", "Elder Scrolls 5" und "Mass Effect 3". Einen großen Reiz des Genres macht das Treffen moralischer Entscheidungen aus, die immer neue Wahl zwischen Gut und Böse und entsprechende Folgen in der Spielwelt. Das Besondere bei "The Witcher" ist, dass hell und dunkel selten relevante Kategorien sind.
Tötet man den schönen Sukkubus, der sich von Keuschheit heuchelnden - siehe Kirche -, aber sexuell ausgehungerten Dorfbewohnern ernährt? Oder glaubt man dem Dämon, dass er eben auch von irgendwas leben müsse. Sind rebellierende Elfen Freiheitskämpfer? Oder Terroristen, weil bei ihren Anschlägen auch Unschuldige sterben?
Zugleich ist Rollenspiel auch immer Barbie-Play, bei dem auch nicht gegenderte Jungs begeistert mitmachen dürfen. Diskussionen darum, welcher Helm schöner aussieht oder warum diese eine Rüstung trotz ihrer tollen Werte überhaupt mal gar nicht geht, weil sie stulle designt ist, füllen millionenfach die Internetforen dieser Welt.
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