Serie Crowdfunding Teil 7: MySherpas: Ilse Bilse, keiner will se!?
Auf der Internetplattform MySherpas.com stellen Leute Projekte vor, für deren Umsetzung sie Förderung benötigen. Wer will, unterstützt sie mit Geld. Klappt das?
BERLIN taz | Noch bis zum 24. Juli hat "Ilse Bilse" Zeit, mit den fehlenden 190 Euro gesponsort zu werden. Bereits sieben Sponsoren wollten sie - und ihre Zwiebeln.
Die gibt es nämlich als Dankeschön für alle, die das Kurzfilm-Projekt von Studenten der Bauhaus-Uni in Weimar mit mindestens zehn Euro finanziell unterstützen wollen. Sollten die Projektinhaber nach Ablauf der Laufzeit nicht auf die Zielsumme kommen, wird das Projekt abgeblasen und die Sponsoren bekommen ihr Geld zurück.
Hinter diesem Deal steckt die Plattform MySherpas.com, auf der kreative Köpfe die Möglichkeit haben, ihre Projekte vorzustellen, für deren Umsetzung leider noch das nötige Kleingeld fehlt. Das Prinzip ist einfach: Egal ob Filmemacher, Künstler, Designer, Erfinder, Musiker, Schriftsteller oder Umweltaktivist – das einzige, was man braucht ist eine gute Idee für ein Projekt.
Und die Ausdauer und das Durchhaltevermögen eines Bergsteigers. So bleibt dann auch die Site mySherpas in der Bergsteigerterminologie. Wer zum Gipfel will, braucht Bergführer - Sherpas eben, die den Weg ebnen - mit Geld. Bevor es zum sogenannten "Crowdsponsoring" kommt, müssen einige Felsen überwunden werden.
Auch um diese zu beschreiben, bleibt MySherpas bei der Berg-Terminologie: Die Gipfelstürmer bzw. Projektinhaber müssen eine Kurzbeschreibung ihres Projekts, einen Projektsteckbrief, ein Video zum Projekt und ein Foto von ihnen hochladen, sowie Prämien und Zielsumme festlegen. Sind die Daten vom sechsköpfigen MySherpas-Team erfolgreich geprüft wurden, wird das Projekt freigegeben und auf der Plattform sichtbar.
Gipfeltreffen mit Gegenleistung
Die Registrierung und Einstellung eines Projektes ist kostenlos. Allerdings müssen nach Beendigung eines erfolgreichen Projektes eine "Handling Fee" von zehn Prozent auf die gesamte gesponsorte Summe an MySherpas abgedrückt werden. Auch die Sponsoren, die sogenannten Sherpas, sollen vom Erfolg nicht ausgeschlossen werden.
Damit es zu einem ausgeglichenen Gipfeltreffen kommt, sollen sie als Gegenleistung für ihre finanzielle Unterstützung von den Gipfelstürmern eine Prämie bekommen. Diese sollte individuell und projektspezifisch sein, d.h. mehr über einen ideellen Wert, als über einen reinen Materialwert verfügen.
Um auch viele zahlungswillige Menschen zu erreichen wird den Projektinhabern auf der Homepage empfohlen, während der Laufzeit tatkräftig die Werbetrommel zu rühren. Dabei können sie sich an Zeitungen wenden oder per Facebook oder anderen Netzwerken auf sich und ihr Projekt aufmerksam machen.
"Nur wer eine emotionale Bindung zu seinem Projekt vermittelt, wird auch erfolgreich sein", lässt die Plattform verlauten. Denn leider reicht der Wille zur Verwirklichung einer Idee nicht aus, um das Projekt mittellos und zugleich erfolgreich umzusetzen. Da hilft auch das Zitat von dem französischen Schriftsteller Victor Hugo nichts, das MySherpas als Motto genommen hat: "Nichts auf der Welt ist so kraftvoll wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist!"
Trotzdem sollten Menschen mit einem Sinn für Kunst und ein wenig Geld in den Projekten mal stöbern, damit eine "Ilse Bilse" oder andere Projekte mit Potenzial den Gipfel erklimmen können. Das wäre schön.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana