Serbiens Unabhängigkeitsbestreben: Dodik Paroli bieten
Bosnische Serben treiben die Abspaltung von der Zentralregierung voran. Noch bleiben sechs Monate bis zu ersten konkreten Maßnahmen.
M ilorad Dodik hat seinen Drohungen Taten folgen lassen. Mit den Beschlüssen der Mehrheit des Parlamentes der serbischen Teilrepublik hat er den gemeinsamen Staat Bosnien und Herzegowina ernsthaft infrage gestellt, auch wenn die Maßnahmen erst in einem halben Jahr umgesetzt werden sollen. Der serbische Nationalist fordert damit all jene heraus, die für westliche Werte, für Demokratie und Menschenrechte eintreten. Nicht nur in Bosnien. Dodik kann sich der Unterstützung Russlands und Serbiens sicher sein.
Eine Strategie der Neuordnung des Balkans scheint dort schon lange abgesprochen zu sein. Die Tatsache, dass Putin Dodik mehrmals in Moskau empfangen hat, bleibt Randnotiz. Entscheidend ist, dass Russland in den letzten Jahren die antidemokratischen Kräfte auf dem Balkan gestärkt und in dem serbischen Präsidenten Alexandar Vučić einen strategisch verlässlichen Partner gefunden hat.
Mehr noch: Putin kann über Gegner der liberalen Demokratie in der EU, wie Viktor Orbán, Einfluss auf die Politik der EU nehmen. Die Konfrontation verläuft nicht nur an der Grenze zur Ukraine, sondern auch auf dem Balkan und in der EU selbst. So kann man sich nur wundern, wenn weder Brüssel noch Berlin bislang versuchten, diese Strategie zu durchkreuzen. Es gehört wohl zu den großen Fehlern Angela Merkels, dass sie den serbischen Diktator Alexandar Vučić bis zuletzt hofierte.
Und als die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den ungarischen Diplomaten und Freund Orbáns, Olivér Varhelyi, zum Erweiterungskommissar für die Balkanländer ernannt hat, machte sie den Bock zum Gärtner. Die EU-Verhandlerin in Bosnien, Angelina Eichhorst, hat in den letzten Monaten die Positionen der serbischen und kroatischen Nationalisten gestärkt. Das Resultat sieht man jetzt.
Für die BosnierInnen bleibt nur noch die Hoffnung auf die neuen Regierungen in Berlin und Washington. Wer für Menschenrechte und Rechtsstaat eintreten will, muss umgehend aktiv werden. Denn der Sieg des Nationalismus in Bosnien steht gegen alles, was westliche Werte ausmacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?