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Serbe verhaftet

■ SFOR-Truppen nehmen mutmaßlichen Kriegsverbrecher in Bosnien fest

Sarajevo/Den Haag (dpa/AFP) – Soldaten der internationalen Bosnien-Friedenstruppe SFOR haben gestern den als „serbischen Adolf“ bekannten, steckbrieflich gesuchten Kriegsverbrecher Goran Jelisić festgenommen. „Unsere Soldaten haben den Mann gegen 08.00 Uhr (MEZ) auf einer Straße in Bijeljina erkannt und sofort festgenommen“, sagte SFOR-Sprecher Peter White in Sarajevo. White ließ offen, ob die Festnahme zufällig oder im Rahmen einer geplanten Aktion erfolgt war.

Der 29jährige Jelisić sollte noch im Laufe des Tages nach Den Haag zum UN-Tribunal für Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien überstellt werden. Die Friedenstruppe hatte dem Gericht in den vergangenen beiden Jahren sieben mutmaßliche andere Kriegsverbrecher aus Bosnien überstellt. Die Festnahme verlief „ohne Zwischenfälle“. Weitere Angaben lehnte die SFOR mit Hinweis auf „Sicherheitsgründe“ ab. Von serbischer Seite gab es bis zum Nachmittag keine offiziellen Reaktionen.

Der Serbe Jelisić steht auf der offiziellen Fahndungsliste des UN- Tribunals. Der Kommandant des Lagers Luka bei Brčko in Nordbosnien soll für mindestens 14 Morde an muslimischen Zivilisten zwischen März und November 1992 verantwortlich sein. Ihm werden Folter, Vergewaltigung und Raub zur Last gelegt. Jelisić hatte sich während des Krieges selbst als „serbischer Adolf Hitler“ dargestellt.

In einem Interview mit der Washington Post hatte Jelisić 1995 angekündigt, er werde Selbstmord begehen, wenn ihn das Tribunal „in die Enge treiben“ sollte. Alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe wies er zurück. Ein Lager in Brčko habe es überhaupt nicht gegeben. Das Lager Luka war nach Berichten von Überlebenden während der „ethnischen Säuberung“ der Region außerhalb von Brčko in einer Fabrik eingerichtet worden.

„Die Aktion wurde in Übereinstimmung mit dem SFOR-Mandat ausgeführt, das die Festnahme solcher Personen gestattet“, hieß es in einer Mitteilung der Nato. Sie sei eine weitere Warnung an alle noch auf freiem Fuß befindlichen mutmaßlichen Kriegsverbrecher, daß sie zur Rechenschaft gezogen würden. Alle Gesuchten sollten sich dem Tribunal in Den Haag stellen.

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