Sepp Blatter gegen „Platter“-Cartoons: Nicht witzig

Ein Däne zeichnet Karikaturen die einen Typen zeigen, der Platter heißt und mal geifernd ist, mal geldgeil. Fifa-Chef Blatter lacht nicht – und wehrt sich.

Platter? Blatter? Hier zu sehen ist auf jeden Fall das Original Bild: dpa

GENF taz | Zwei tödlich verunglückte Arbeiter auf einer WM-Stadionbaustelle in Brasilien; spektakulärer Nacktprotest bei Markus Lanz gegen die WM in Katar: Über schlechte Nachrichten kann sich Fifa-Chef Sepp Blatter (78) derzeit nicht beklagen.

Etwas Trost bescherte dem umstrittenen Machthaber über den Weltfußballverband ein Bezirksrichter am Fifa-Sitz in Zürich. Der Richter erließ eine vorläufige Verbotsverfügung gegen „The Platter-Cartoons“ – zehn Blatter-kritische Karikaturen des Zeichners und ehemaligen Fußballtrainers Ole Andersen. Der 74-jährige Däne lebt und arbeitet seit Jahrzehnten als Zeichner und als Fußballtrainer in der Schweiz und war, zumindest nach Darstellung von Andersen, bis Anfang der 90er Jahre mit Blatter befreundet.

Auf seinen jetzt verbotenen Karikaturen ist immer der Blatter-Doppelgänger Platter zu sehen. Zum Beispiel als Blinder, der Säcke voller Geld in einer Schubkarre wegfährt und ein T-Shirt mit der Aufschrift Fairplay trägt. Einmal sieht man Platter, wie er geifernd den Spielerinnen der U17-WM der Frauen nachschaut und sie sich in Trikots mit tiefen Ausschnitt und extrem kurzen Hosen vorstellt. Darunter steht: „Frauenfußball, betrachtet mit den Augen eines kleinen Mannes“.

Er habe lediglich „Zeitungsartikel mit der fiktiven Figur Platter illustriert“, sagt Andersen. Der Name sei dänischem Slang entnommen: für eine Person, der man nicht trauen könne.

Doch laut dem Zürcher Richter sind „The Platter Cartoons“ geeignet, die berufliche und gesellschaftliche Ehre von Blatter und die Reputation der Fifa „empfindlich“ herabzusetzen. Die Zeichnungen seien eine „Aneinanderreihung unnötig herabwürdigender Darstellungen“. Dabei stünden „nicht der ästhetisch-künstlerische Aspekt, sondern rein egoistische Motive des Zeichners im Vordergrund“. Andersen dürfe sich deshalb nicht auf die Kunstfreiheit berufen. Laut dem Richter greifen die Zeichnungen Blatter auch auf der privaten Ebene an und bringen die Fifa mit rassistischem Gedankengut in Verbindung.

Zeichner wurde nicht angehört

Der Schweizer Medienrechtler Peter Studer, der die zehn Karikaturen gesehen hat, kritisiert, dass das Urteil ohne eine Anhörung Andersens ergangen ist: „Diese unterlassene Abwägung halte ich für verheerend und für einen Widerspruch zur Praxis des Schweizer Bundesgerichtes.“ Da Andersen Widerspruch eingelegt hat, wird es demnächst zu einer ordentlichen Gerichtsverhandlung kommen. Der Streit hat eine über 20-jährige Vorgeschichte, bei der es auch um viel Geld geht.

Nach Darstellung Andersens beauftragte Blatter ihn 1991 für ein zur WM 1994 in den USA geplantes Buch, die Geschichte des Fußballs mit Karikaturen zu illustrieren. Das Honorar habe ihm Blatter per Handschlag zugesichert mit den Worten: „Bleibe einfach unter einer Million.“ Er schickte Blatter ein fertiges Buch. Doch die Fifa reagierte nicht, die „Geschichte des Fußballs“ verschwand in der Schublade. „Bis heute schuldet mir die Fifa 250.000 Franken“, behauptet Andersen. Ein Vorwurf, den Fifa-Sprecher Walter De Gregorio bestreitet.

„Es gab weder eine mündliche noch eine schriftliche Zusage an Andersen, ein Fifa-Buch zu produzieren.“ Doch unbestritten ist, dass Andersen im Jahr 2000 erneut einen Auftrag der Fifa erhielt. Auch daraus wurde nichts. Dennoch bot Andersen der Fifa an, seine Geschichte des Fußballs zu aktualisieren und zur kommenden WM in Brasilien zu veröffentlichen. Als die Fifa ablehnte, schickte Andersen als „Ersatzprojekt“ seine zehn „Platter-Cartoons“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.