piwik no script img

Separatistenführer Carles PuigdemontAuslieferung erneut beantragt

Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwaltschaft hat erneut die Auslieferung des katalanischen Separatistenführers gefordert. Nun ist das Oberlandesgericht am Zug.

Puidgemont hält sich seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis in Berlin auf (Archivbild vom 7.4.2018) Foto: reuters

Schleswig dpa | Der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont soll nach dem Willen der schleswig-holsteinischen Generalstaatsanwaltschaft an Spanien ausgeliefert werden. Die Behörde stellte beim Oberlandesgericht (OLG) den Antrag, die Auslieferung des früheren Regionalpräsidenten für zulässig zu erklären, wie sie am Freitag mitteilte. Da nach wie vor Fluchtgefahr bestehe, beantragte der Generalstaatsanwalt erneut, den Auslieferungshaftbefehl wieder in Vollzug zu setzen. Wann das Gericht entscheidet, ist offen. Für Freitag schloss eine Sprecherin dies aus.

Die Generalstaatsanwaltschaft stellte ihren Antrag trotz teils entgegenstehender Entscheidungen des Oberlandesgerichts. Sie halte an ihrer Auffassung fest, dass die Auslieferungsfähigkeit sowohl mit Blick auf den von den spanischen Behörden erhobenen Vorwurf der Rebellion als auch hinsichtlich des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder beziehungsweise der Korruption zu bejahen sei, erklärte die Behörde.

Die spanische Justiz wirft Puigdemont Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Mittel vor. Hintergrund ist das Unabhängigkeitsreferendum vom Oktober 2017. Es wurde unter seiner Verantwortung in Katalonien abgehalten, obwohl die Zentralregierung und Gerichte es als verfassungswidrig eingestuft hatten.

„Das von den spanischen Behörden nachgelieferte Material ist dabei nicht widersprüchlich, sondern belegt offenkundig das Ausmaß der am Wahltag erfolgten gewalttätigen Ausschreitungen in Katalonien, die (auch) dem Verfolgten zuzurechnen sind“, heißt es in der Mitteilung. Das Verhalten Puigdemonts würde nach deutschem Recht den Tatbestand des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall erfüllen, führte die Generalstaatsanwaltschaft aus.

Auslieferungshindernisse lägen im Übrigen nicht vor. Puigdemont drohe im spanischen Strafverfahren keine politische Verfolgung im Sinne des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen. „Es ist das Recht eines demokratischen Rechtsstaates, Angriffe auf seinen Bestand auch mit Mitteln des Strafrechts zu begegnen“, erklärte die Behörde.

Aufenthaltsort: Berlin

Puigdemont war am 25. März auf der Rückfahrt von Skandinavien nach Belgien auf Grundlage eines von Spanien ausgestellten Europäischen Haftbefehls in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Der 55-Jährige betrachtet sich als politisch Verfolgten, der kriminalisiert werde. Er hält sich seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis von Neumünster am 5. April in Berlin auf.

Am Dienstag vergangener Woche hatte das Oberlandesgericht in Schleswig einen Antrag der Generalstaatsanwaltschaft abgelehnt, Puigdemont wieder in Auslieferungshaft zu nehmen. Der Strafsenat sah keine erhöhte Fluchtgefahr – anders als die Staatsanwaltschaft. Diese stützte sich auf neue Informationen der spanischen Polizei, besonders auf Videos, die Gewalttätigkeiten gegen Polizisten zeigten. Nach der Begutachtung der Videos kam die Generalstaatsanwaltschaft zu dem Schluss, Puigdemont sei auch wegen Rebellion auszuliefern. Nach deutschem Recht käme auch eine Strafbarkeit nicht nur wegen Hochverrats in Betracht, sondern auch wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall.

Am 5. April hatte das OLG in Schleswig den Vorwurf der Rebellion für den Haftbefehl als „von vorneherein unzulässig“ erklärt. Für Hochverrat als Pendant im deutschen Recht zur Rebellion fehle es am Merkmal der Gewalt.

Puigdemont war Ende März zunächst in die Justizvollzugsanstalt Neumünster in Gewahrsam gekommen. Am 5. April erließ das OLG Auslieferungshaftbefehl, ordnete aber unter Auflagen Haftverschonung an. Die Auflagen gelten weiter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Rajoy ist nicht mehr in der Regierung, er wurde vom spanischen Kongress aus der Regierung entfernt oder auch gestürzt. Gerade dieser Politiker, der Puigdemont in Deutschland fest nehmen wollte, ist wegen Korruption aus der Regierung geflogen, das muß man sich mal vorstellen. Hoffentlich nehmen sie Rajoy bald fest, aber wegen tatsächlicher Korruption.

  • "Separatistenführer"

     

    Da wird gleich in der Überschrift semantisch in doppelter Hinsicht Stellung bezogen...

  • Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwaltschaft hört und liest offensichtlich keine Nachrichten. Der Mann hinter dem Antrag wurde heute gestürzt.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @warum_denkt_keiner_nach?:

      Nicht sicher, dass Sanchez den Haftbefehl aufhebt....

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Ich gehen davon aus, dass man sich auf eine Amnestie einigt.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ach, gar nicht mitbekommen. Die Justiz Spaniens gestürzt ? Au Backe.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Sie haben wieder mal nichts begriffen...

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Da wollte wohl der Staatsanwalt einen Schnellschuss hinbekommen, bevor der korrupte Rajoy und seine Kumpanen aus der Regierung vertrieben werden.

     

    Wenn sie nur bei allen Delikten so schnell wären, die Herren Staatsanwälte!

    Es handelt sich hier um einen gewählten Präsidenten und nicht um einen Schwerverbrecher.

  • Ich stimme 100% zu !

  • Hat die Staatsanwaltschaft sonst nichts zu tun als einen unschuldigen Mann, dazu nicht mal Deutscher, das Leben schwer zu machen. Anstatt Kriminelle zu beschuldigen und zu ermitteln, bringt sie einfach nicht fertig. Aber politisch Profit draus schlagen, im Fall Puigdemont, dafür sind wohl die meisten Staatsanwälte fähig, aber nicht um ihre Arbeit richtig zu machen. Sollen den Mann doch dort hin laufen lassen wo er herkam, nach Belgien und Schluss in diesem Theater. Deutschland hat genug Probleme, wir brauchen nicht noch mehr. Die Beziehungen Deutschlands sind sowieso nicht so gut mit anderen europäischen Ländern. Man könnte meinen das die Staatsanwalt manchmal ein Brett vor dem Kopf haben.

    Was ist z.B. mit der Staatsanwaltschft in Braunschweig die in dem Abgasskandal gegen VW ermittelt. Man hört nichts, man sieht nichts, ich meine dass diese unfähigen oder vielleicht auch korrupten Staatsanwälte sich von VW bezahlen lassen. Alles ist möglich und diesen traue ich das meines Erachtens zu.

    • 6G
      64836 (Profil gelöscht)
      @Alfredo Vargas:

      Ui, das finde ich gar nicht gut. Deutschland muss Stellung beziehen, meiner Meinung dahingehend, nach dass alle Gründe für das Auslieferungsgesuch unrechtmäßig sind.