Senat verschärft Corona-Regeln: Großdemos nur noch mit Maske
Pflicht zu Mund-Nase-Schutz bei Versammlungen mit mehr als 100 Personen. Auch private Feiern ab 50 Teilnehmern brauchen nun ein Hygienekonzept.
Auch für private Feiern mit mehr als 50 Leuten ist jetzt ein schriftliches Hygienekonzept nötig, das auf Verlangen vorzuweisen ist. Das hat der rot-rot-grüne Senat am Dienstag beschlossen. Einfach feiern, ohne sich Gedanken über Abstandsregeln und Hygiene zu machen – „das geht jetzt nicht mehr“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung. Der Senat verzichtete aber darauf, die Obergrenze für Versammlungen in geschlossenen Räumen – seit dem 1. September 750 Personen – deutlich abzusenken. In Brandenburg hatte sich zuvor Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher für 50 bis 75 Teilnehmer ausgesprochen. Außerdem beschloss die Landesregierung eine Maskenpflicht für Demonstrationen mit mehr als 100 Teilnehmern.
Laut Senatorin Dilek Kalyci (SPD) steht Berlin im Bundesvergleich gut da: Die Sterblichkeit bei Corona-Erkrankungen liege im Land bei 2 Prozent, bundesweit bei 3,8 Prozent. Nach ihren Zahlen hat Friedrichshain-Kreuzberg nun Mitte an der Spitze der meistbetroffenen Bezirke abgelöst. Beim Wert für die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen liegt der Bezirk bei 20,3 – landesweit würde bei diesem Wert die Corona-Ampel des Senats von Grün auf Gelb umspringen. (sta)
Die Grundregel von 1,50 Metern Abstand zueinander gelte auch für den privaten Bereich – „das ist noch nicht bei allen angekommen“, sagte Kalayci. In diesem Feld kommt es nach ihren Zahlen aktuell zu fast zwei Drittel der Neuinfektionen. Was das Hygienekonzept enthalten muss, soll in einer Handreichung stehen, die die Gesundheitsverwaltung laut Kalayci „zeitnah“ veröffentlichen will: „Man muss nachweisen, dass man sich Gedanken gemacht hat.“ Sie ließ nicht gelten, dass es wenig Kontrollen für den privaten Raum gibt. „Das ist immer das Totschlagsargument“ – sie setze darauf, dass die Vorgaben verinnerlicht würden.
Neu ist auch, dass ab sofort nicht mehr allein Restaurant- oder Café-Betreiber dafür verantwortlich sind festzuhalten, wer bei ihnen einkehrt. Jetzt seien die Gäste in der Pflicht, wahrheitsgemäße Angaben zu Name und Erreichbarkeit zu machen – „die können jetzt nicht mehr schreiben: Mickey Maus“, sagte die Senatorin. Wenn die Angaben erkennbar nicht stimmen, sollen die Gastwirte die Gäste zum Gehen auffordern.
Der Senat hatte bereits am Donnerstagabend in einer Sondersitzung nach der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin die Corona-regeln erneuert. Auf diesen Dienstag verschoben hatte er dabei das Thema der privaten Feiern. Umstritten schien dabei, ob es eine niedrigere Obergrenze für die Zahl der Teilnehmer geben sollte. Diesen Weg ging der Senat nun nicht. Stattdessen dürfen jetzt sogar 750 statt bisher 500 Menschen in geschlossenen Räumen zusammenkommen, ab 1. Oktober sogar 1.000. Das hatte die Landesregierung schon vor Monaten so festgelegt.
Die Beschlüsse gelten ab sofort
Kalayci bestätigte, dass die in der Sitzung beschlossene Maskenpflicht bei Versammlungen von mehr als 100 Menschen wie die anderen Beschlüsse ab sofort gelten sollte und damit auch bei einer für den Nachmittag angekündigte Demonstration. Die von Innensenator Andreas Geisel (SPD) vorgeschlagene Maßnahme ist eine Reaktion auf Demonstrationen am Wochenende, bei denen fast 40.000 Menschen in Berlins Mitte protestiert hatten, meist ohne Maske und Abstand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen