Interview: Willfried Maier: „Senat klagt zu recht“
■ Der GAL-Fraktionschef über Hamburgs Zahlung in den Länderfinanzausgleich
taz: Benutzt der Senat den Länderfinanzausgleich als Ausrede, um von hausgemachten Haushaltslöchern abzulenken?
Willfried Maier: Nein, in diesem Punkt nicht. Finanzsenator Runde klagt zu recht. Der Bund betreibt eine Steuersenkungspolitik, die dazu führt, daß den Ländern und Kommunen immer mehr Steuermittel fehlen.
Wie ist es möglich, daß die Arme und Pleitestadt Hamburg, in der Bücherhallen geschlossen werden und die selber ein Defizit von 1,3 Milliarden Mark hat, in diesem Jahr 300 und im kommenden 400 Millionen an andere Bundesländer abgeben muß?
Während Hamburg bei den Steuereinnahmen relativ gut dasteht, verläuft die Wirtschaftsentwicklung in den ostdeutschen Ländern dramatisch schlechter als erwartet. Zwischen den Bundesländern mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft muß ausgeglichen werden.
Der Länderfinanzausgleich ist also nicht ungerecht?
Als Stadtstaat kann Hamburg die für eine Metropole typischen hohen Kosten in den Bereichen Soziales und Infrastruktur nicht durch ländliche Gebiete ausgleichen wie die Flächenländer. Beim Länderfinanzausgleich werden nur die Wirtschaftskraft und das Steueraufkommen pro Kopf der Bevölkerung berechnet. Die unterschiedliche Ausgabenstruktur bleibt unberücksichtigt, zum Beispiel, daß die Polizeidichte in Hamburg höher ist als in der Lüneburger Heide. Hamburg bekommt lediglich einen Hafenbonus.
Gehört der Länderfinanzausgleich abgeschafft?
Im Prinzip nicht. Das eigentliche Problem ist der Speckgürtel. Wer in Hamburg arbeitet und in Reinbek wohnt, zahlt nur dort Einkommensteuer. Daß die Stadt nichts abbekommt, muß sich ändern: Die Hälfte für den Ort der Arbeitsstätte und die Hälfte für den Wohnort – das wäre angemessen und würde die Metropolenhaushalte entlasten.
Fragen: Silke Mertins
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