Selbsthilferadio HelpFM: „Wir wagen uns an Hammerthemen“

Mit dem Radiosender HelpFM sollen Menschen in ländlichen Gegenden Brandenburgs erreicht werden, die an Süchten oder psychischen Erkrankungen leiden.

Die ersten Sendungen handelten von Sucht und Depression im Alter. Bild: ap

Wer Grippe, Masern oder Durchfall hat, geht zum Arzt und lässt sich helfen. So einfach ist das aber nicht, wenn es um Süchte oder psychische Erkrankungen geht. Da spielen Selbsthilfegruppen für viele eine wichtige Rolle. Wer jedoch in dünn besiedelten Regionen wohnt, hat es schwieriger, eine zu finden.

Deshalb hat Brandenburg nun ein Selbsthilferadio. HelpFM will Menschen in ländlichen Gegenden erreichen, Selbsthilfegruppen auf dem Land Gehör verschaffen und eine Plattform sein, auf der Bedürftige Fragen stellen, sich austauschen und Kontakte vermittelt bekommen. Einmal die Woche bespielen Selbsthilfegruppen ehrenamtlich eine Stunde. Die ersten Sendungen handelten von Sucht und Depression im Alter.

„Es sind im Grunde genommen Hammer-Themen, an die wir uns heranwagen“, erklärt Werner Zimmer, Begleiter des Projekts und RBB-Journalist im Ruhestand. Er ist als Ehrenamtlicher dabei, genau wie das Potsdamer soziale Projekt SEKIZ, das das Radio ins Leben gerufen hat.

„Wir wollen keine perfekten Moderatoren“

Eine Sendung produzieren darf jede Selbsthilfegruppe aus Brandenburg, deren Anzahl die Landesarbeitsgemeinschaft für Selbsthilfeförderung Brandenburg auf etwa 1.000 schätzt, hinzu kommen weitere unangemeldete. HelpFM arbeitet dabei mit der Electronic Media School des RBB zusammen, die Sprechunterricht-Workshops anbietet. Den Sendungen soll man trotzdem anmerken, dass sie von BürgerInnen gemacht wurden. Werner Zimmer betont: „Wir wollen keine perfekten Moderatoren haben.“

Per E-Mail, Fax und Telefon können die HörerInnen dann Fragen stellen. Allerdings nicht live, die ersten Sendungen werden voraufgezeichnet, in Echtzeit soll das Format erst nach einer Weile laufen. Auch die nächsten Beiträge gibt es bereits, zum Thema „Depression im Alter“ wird ein Mitschnitt einer Podiumsdiskussion gesendet und auch eine Sendung über die Gründung einer Selbsthilfegruppe ist vorproduziert.

Auch im Netz abrufbar

Bleibt die Frage, wie interaktiv sich die ZuhörerInnen dann beteiligen können. Was sich zudem schwierig gestaltet ist genau das, was HelpFM erfüllen will: Hilfesuchende auf dem Land zu erreichen. Ausgestrahlt werden die Sendungen nämlich auf 14482 Babelsberg Hitradio, einem Potsdamer Lokalsender. Dieser hat momentan keine UKW-Frequenz und ist im Stadtgebiet Potsdam nur auf Kabel zu hören, zudem im Internet auf helpfm.de.

Christoph Neuberger, Professor für Kommunikationswissenschaft an der LMU München, hält das Internet aber ohnehin für das passendere Medium. „Die klassischen Massenmedien sind für die Beratungsfunktion eigentlich nur sehr wenig geeignet“, sagt er. Im Netz gebe es bereits eine Vielzahl von vorbildlichen Angeboten für Selbsthilfe oder Expertenberatung, auch für HelpFM sieht er im Ausbau der Interaktionskomponente und der Internetpräsenz den besten Weg.

Doch das Internet ist wiederum ein Medium, das gerade ältere Menschen, mitunter in ländlichen Regionen, nicht erreicht. HelpFM muss sich also erst einmal selbst dabei helfen, so bekannt zu werden, dass es Bedürftigen Hilfestellung geben kann.

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