Seehunde im Wattenmeer: Wenn die Heuler sterben
Fast 1.000 Tiere in der Nordsee verendet. Gefahr einer Epidemie besteht aber nicht, sagen Experten.
Es ist zum Heulen. Fast 1.000 tote Seehunde, gut zwei Drittel davon Jungtiere, sind an der Nordseeküste Schleswig-Holstein gezählt worden. Das seien "etwa dreimal so viel wie sonst", sagt Thomas Borchardt vom Nationalparkamt Wattenmeer in Tönning. Damit ist der größte Teil des Nachwuchses aus dem vorigen Jahr tot. Die Heuler, wie die jungen Seehunde genannt werden, sind offenbar an Parasiten eingegangen. "Ganz genau kennen wir den Grund aber nicht", gibt Borchardt zu.
Von einem Seehundsterben größeren Ausmaßes könne nicht gesprochen werden, findet Tanja Rosenberger. "Es ist nicht ansteckend, die Gefahr einer Epidemie besteht nicht", beruhigt die Leiterin der Seehundstation Friedrichskoog in Dithmarschen. Die Seehunde seien von Lungenwürmern befallen, wie Tierärzte des Forschungszentrums in Büsum bei Autopsien von Kadavern festgestellt haben. Das sei nicht ungewöhnlich, sagt Rosenberger, "Sorge macht uns aber, dass sie daran sterben." Das deute auf eine zusätzliche Schwächung des Immunsystems hin, für die es bislang keine Erklärung gebe.
Nach Einschätzung des Kieler Biologen Kai Abt könnte ein Mangel an Beutefischen die Ursache gewesen sein. Dann wären unerfahrene Jungtiere bei der Jagd gegenüber routinierten erwachsenen Seehunden im Nachteil. "Wäre möglich", sagt Rosenberger, allerdings seien die toten Tiere "nicht unterernährt" gewesen.
Von der niedersächsischen Küste melden die Behörden mit etwa 100 toten Seehunden eine "nur leicht erhöhte Zahl", in den Niederlanden soll es weit mehr Opfer geben, aus Dänemark liegen noch keine Zahlen vor.
1988 und 2002 waren bei zwei Staupe-Epidemien mindestens 10.000 Seehunde und damit mehr als die Hälfte des Bestandes verendet. Im Sommer 2009 hatte die Population mit 8.415 Seehunden allein im schleswig-holsteinischen Teil der Nordsee wieder einen Höchststand erreicht.
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