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Seehofers Wahl-Triumph in BayernDer Löwe brüllt

Die CSU erobert Stimmen von der FDP und den Freien Wählern. Seehofers Selbstwusstsein dürfte weiter wachsen. Für Merkel könnte das neuen Streit bringen.

Seehofer will rechts abbiegen, doch Merkel gibt Stopp-Zeichen. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Bereits eine halbe Stunde nach der ersten Prognose um 18 Uhr trat der Sieger am Sonntagabend vor seine Anhänger im bayerischen Landtag. Das Ergebnis ist eindeutig – und für Ministerpräsident Horst Seehofer ein Grund zum Feiern. Die Christsozialen haben die Rückkehr zur absoluten Mehrheit geschafft. Die CSU wird voraussichtlich mit 49 Prozent der Stimmen in den 17. Bayerischen Landtag einziehen.

Die Partei kann in den kommenden fünf Jahren ohne Koalitionspartner regieren. „Damit ist das Jahr 2008 Geschichte, liebe Freunde“, rief Seehofer seinen Anhängern zu, als er endlich zu Wort kam. „Wir sind wieder da.“ Die CSUler im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal skandierten „Horst, Horst, Horst“.

2008, in diesem traumatischen Wahljahr, hatte die CSU die absolute Mehrheit eingebüßt und musste mit der FDP koalieren. Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren war die CSU auf 43,4 Prozent abgerutscht – von 60,7 Prozent unter Edmund Stoiber im Jahr 2003. Ein Minus von 17,3 Prozent. Viele Stimmen gingen damals an die ebenfalls konservativen Freien Wähler verloren, die 2008 erstmals in den Landtag einzogen und mit 10 Prozent drittstärkste Fraktion wurden.

Ein markerschütterndes Ergebnis für die CSU, denn seit 1966 hatte die Partei stets ohne Koalitionspartner regiert. Die fassungslosen Gesichter von Ministerpräsident Günther Beckstein, Parteichef Erwin Huber und der damaligen Generalsekretärin Christine Haderthauer, die kreidebleich am Wahlabend kaum noch einen Ton herausbrachten, sind in der Partei unvergessen. Dieses Trauma glaubt die CSU nun überwunden.

Zurück in alter Stärke

Zum Amtsantritt als Parteichef 2008 hatte es Seehofer zu seiner Mission erklärt, die Partei zu „alter Stärke“ zurückzuführen. Also die absolute Mehrheit zurückzuerobern. Das ist ihm nun gelungen. Der 64-Jährige wird in die Parteigeschichte eingehen als jener, der die CSU aus ihrer tiefsten Krise führte.

„Ich habe gerade mit der Kanzlerin telefoniert“, fuhr Seehofer in seiner Rede fort. „Sie hat uns mit freudigem Herzen gratuliert.“ Die Bayern-Wahl gilt auch als wichtiger Stimmungstest für die Bundestagswahl in einer Woche. Das gute Ergebnis der CSU dürfte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) freuen und ängstigen zugleich.

Einerseits könnte das gute Abschneiden der CSU auch der CDU im Bund einen Schub verleihen. Gleichwohl wird Seehofers Selbstbewusstsein exponentiell zu den zugelegten Prozentpunkten wachsen.

Es sei das gute Recht der CSU, sich als „bayerische Patrioten“ in Berlin durchsetzen zu wollen, hatte Seehofer in seiner Bierzeltrede auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg angekündigt. „Mia san mia, und uns kann keiner was sagen.“ Angesichts des Wahlausgangs klingt das nun wie eine Drohung nach Berlin.

Der Maut-Streit

Einen Vorgeschmack auf seine zu erwartende Hartnäckigkeit hatte Seehofer schon während des Wahlkampfs geliefert: Trotz seiner Ankündigung, als „schnurrendes Kätzchen“ statt als „brüllender Löwe“ auftreten zu wollen, hatte Seehofer mit seiner Forderung nach einer Pkw-Maut für Ärger in der Union gesorgt.

Mit ihr werde es keine Maut geben, konterte Merkel im TV-Duell mit SPD-Kandidat Peer Steinbrück. Mit der Stärke, die das Wahlergebnis Seehofer nun verleiht, dürfte es schwerer für die Kanzlerin werden, sich in dieser Frage gegen Seehofer durchzusetzen, sollte die Union die Bundestagswahl in einer Woche für sich entscheiden.

Nun habe die CSU „eine wichtige Woche vor sich“, sagte Seehofer. „Morgen, nein, ab heute Abend werden wir alles von Bayern aus tun, damit Angela Merkel Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland bleibt.“

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3 Kommentare

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  • S
    Schimanski

    Jetzt wäre es für eine intakte SPD natürlich ein Leichtes, auf breiter Front reinzugrätschen in die ganze Merkel-Betulichkeit: allein die Angst vor der kommenden Maut und eine Wiederaufnahme des Themas Betreuungsgeld dürfte angesichts der Tatsache, dass der obskure Herr Seehofer jetzt so machtvoll hinter dem Weisswurstäquator dräut, und angesichts unsicherer öffentlicher Auftritte der Kanzlerin zuletzt, vielen nicht so richtig Entschlossenen den entscheidenden Schubs geben können. Da sind schnell mal fünfzehn Prozent von Mitte rechts nach Mitte links verschoben, wäre man nichts stets wieder so zimperlich.

     

    Es wäre auch noch mal eine Gelegenheit, den beständigen Vorwurf der Neokonservativen, mit Rot-Grün drohe eine Honneckereske Planwirtschaft, zu konterkarieren, denn wenn was Planwirtschaft ist, dann sicherlich die Autobahnmaut. Und die Kopfprämie pro Geburt.

     

    Wird es passieren? Wohl eher nicht! Von vorneherein schien und scheint es, wenn überhaupt, darum zu gehen, nach der Wahl so gut dazustehen, dass die grosse Koalition einen Anteil SPD-Meilensteine, Machart Seeheimer Kreis, abzuarbeiten hat.

     

    Arme Leiharbeiter? Arme Hartzer und Aufstocker? Arme alleinerziehende Frauen, ungleichgestellte Schwule? Arme ratlose Schüler/innen? Arme Migranten? Arme Griechen, Spanier, Rumänen, Zyprioten und sonstige?

     

    Sicher das! Aber noch was: der Merkelsche Isolationismus hat, wie jedes solche Konzept der Besserstellung zu ungunsten Dritter, eine Kehrseite.

     

    Wer seine Umgebung besiegt, vernichtet sich selbst, hat sinngemäss der Wissenschaftler und Philosoph Gregory Bateson irgendwo mal geschrieben.

  • L
    Leo

    Mia san mia.

     

    Ja, wer denn sonst?

     

    Solange Preußen Bayern nicht versteht - trotz so vieler Texte in der taz - warum soll Bayern da wieder und wieder zu erklären versuchen, was sowieso nicht verstanden wird?

     

    Wir sind halt die Fremden, die Ausländer, deren Vorhandensein nur geduldet wird, weil sie ein bisschen Steuern und Finanzausgleich beitragen.

     

    Dass man für sein hart erarbeitetes Geld auch was haben will...

     

    ... in der taz reichts nicht mal für Verständnis.

     

    Dem Durchschnittsbayern würde schon ein bisschen Verständnis reichen. Aber womöglich ist ja was dran an den Gerüchten über das preußische Bildungssystem...?

     

    Wer dumm gemacht wird, kann nichts dafür.

     

    Aber wie sagt mans ihm?

    • S
      Schimanski
      @Leo:

      Wieso kommt eigentlich Bayern immer mit dem Finanzausgleich?

       

      Hamburg, und Baden-Würtemberg sind auch Nettozahler. Weder Olaf Scholz noch Kretschmann heulen aber ständig öffentlich deshalb rum. Und NRW war vierzig Jahre Nettozahler.

       

      Zahlt das mal alles schön zurück, dann können wir weiter reden...und noch eins: die wohl potenteste Stadt in Bayern ist München. Und dort regiert seit eh und je die SPD. Und zuletzt: integrative Schulkonzepte sind die Zukunft, das sagen zuerst mal Studien wie Pisa. Ihr seid schon Vergangenheit, und habt es halt nur noch nicht gemerkt.

       

      Meine Konklusion vom Rand des Ruhrgebietes aus: Ich mag kein Weizenbier und keine Weisswurst.

       

      Ich brauche Bayern für garnix.

       

      Von mir aus könnt ihr alle Heim ins Österreich veschwinden, wo ihr hergekommen seid. Da ist das im Übrigen mit so einer Maut auch eher zu vermitteln.