Seehofer wird Ministerpräsident: Die demütige Seehofer-Show

Erwartungsgemäß wählt der bayrische Landtag den ehemaligen Verbraucherschutzminister Seehofer zum Ministerpräsidenten. Doch vier schwarz-gelbe Stimmen fehlten.

Schneller Amtseid: Bayerns neuer Ministerpräsident Horst Seehofer. Bild: dpa

MÜNCHEN taz Die Wahl ist noch keine drei Minuten vorbei und schon beginnt sie wieder, die große demütige Horst-Seehofer-Show. Er setzt sich allein auf die völlig leere Regierungsbank, faltet die Hände, blickt schüchtern nach unten. Dann geht er zum Rednerpult und spricht ruhig und leise: "Das ist fraglos der Höhepunkt meiner politischen Laufbahn."

Seehofer schaut in Richtung Opposition, wo die Grünen und die SPD sitzen und ihm den Applaus verweigern. Was die praktizierte Demokratie im Parlament angehe, sei er ein Überzeugungstäter, sagt Seehofer. "Die Grünen waren immer barmherzig mit mir, die SPD fürsorglich." Nichts soll an diesem Nachmittag im bayerischen Landtag in München an die Überheblichkeit früherer CSU-Ministerpräsidenten erinnern. Dafür fehlt Seehofer auch der Rückhalt in der eigenen Fraktion. Bei der Wahl des Ministerpräsidenten stimmen 104 Abgeordnete für Seehofer, er erhielt nicht alle Stimmen seiner schwarz-gelben Koalition.

Genüsslich halten zuvor die Fraktionschefs der Oppositionsparteien der CSU ihre eigene gespaltene Haltung zu Seehofer vor. "Früher wurden die Knoblauchzehen aus dem Maximilianeum gehängt, sobald Seehofer nahte", witzelt Sepp Daxenberger von den Grünen. Und Franz Maget von der SPD zitiert gleich Seehofer selbst, der noch vor wenigen Wochen gesagt hatte: "Ich bin und bleibe in Berlin." Seehofer sei aus Sicht der CSU allenfalls ein Reservekandidat.

Einzig der Fraktionschef des neuen Koalitionspartners FDP, Martin Zeil, hat warme Worte für den neuen Ministerpräsidenten. Er habe Seehofer während der Koalitionsverhandlungen als sehr versiert erlebt, sagt Zeil. "Ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen, ein Modell für die Regierung im Bund nach der Bundestagswahl 2009 zu sein."

Ein mutiges Projekt ist der von Seehofer und FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine Stunde vor der Ministerpräsidentenwahl feierlich unterzeichnete Koalitionsvertrag allerdings kaum. Große Kursänderungen zur CSU-Politik bleiben ebenso aus wie bahnbrechende personelle Neuerungen. Die FDP wird lediglich mit Zeil das Wirtschaftsministerium besetzen dürfen und mit dem Zahnarzt Wolfgang Heubisch das Wissenschafts- und Kulturressort. Die 36-jährige Rechtsanwältin Katja Hessel wird Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. Alle anderen Posten bleiben bei der CSU, die meisten der bisherigen Staatsminister werden voraussichtlich im Amt bleiben. Bis Donnerstag muss Horst Seehofer sein Kabinett zusammengestellt haben.

Der Einfluss der FDP findet sich in dem 71-seitigen Koalitionsvertrag meist in kleinen Details. "Einen Neubau von Kernkraftwerken wollen wir nicht", steht etwa unter dem Stichpunkt "Energie". Für viele in der CSU war so eine Festlegung bisher undenkbar. Ebenso wie das, was die Koalition zur Homoehe vereinbart hat: Gleichgeschlechtliche Partnerschaften dürfen in Zukunft auch in Bayern vor dem Standesamt geschlossen werden. Bei den Sicherheitsgesetzen fallen viele umstrittene Regelungen weg: Die Aufzeichnungen aus Videoüberwachungen dürfen nur noch drei Wochen aufbewahrt werden und für Online-Durchsuchungen darf die Polizei nicht mehr unangemeldet in Wohnungen eindringen.

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