Securities beim Stadtfest: Hells Angels sichern Open-Airs
Der Walsroder Stadtmarketing-Verein beauftragt für seine Konzerte eine Firma, die den Rocker-Bossen gehört. Nicht nur deshalb lädt heute die Bürgermeisterin zum Runden Tisch.
BREMEN taz | "Spaß haben und Leute treffen" das ist das etwas betuliche Motto des "Walsroder Mittwochs". Mit der Konzertreihe will der private Walsroder Stadtmarketingverein an "lauen Sommerabenden" für Stimmung in der Kleinstadt sorgen. Doch nicht allen gefällt die Veranstaltung. Denn zumindest das Auftaktkonzert am 1. Juni wurde von GAB bewacht, einer Security-Firma, die den Hells Angels nahe steht.
GAB Security gehört zur Hälfte Frank Hanebuth, dem Präsidenten der Hells Angels Hannover, einer Halbwelt-Größe in der Landeshauptstadt. Die andere Hälfte gehört Wolfgang Heer, einem Geschäftsmann aus Walsrode und Schatzmeister der Hells Angels in Deutschland. Die Hells Angels werden von der Polizei verdächtigt, tief in die organisierte Kriminalität verstrickt zu sein.
Unter Leitung von Michel Heer, dem Sohn Wolfgangs, hätten sechs Mitarbeiter der GAB-Security offiziell Posten beim Walsroder Mittwoch bezogen, sagt das grüne Ratsmitglied Detlef Gieseke. "Alle waren kenntlich an den schwarzen T-Shirts und den anabolisch aufgepumpten Oberkörpern. Als ich mit Freunden aus unserer Gruppe ,Besorgte Bürger' das Gelände betrat, wurde ich von den ,Sicherheitsleuten' mit Namen begrüßt. Da fühlt man sich gleich sicher", sagt Gieseke, der seit langem die Hells Angels-Aktivitäten in Walsrode kritisiert, ironisch.
Das sei "überhaupt kein gutes Aushängeschild", findet auch die Walsroder Bürgermeisterin Silke Lorenz. Sie hat deshalb für den heutigen Dienstag zu einem Runden Tisch mit dem sperrigen Namen "Der Einfluss der Hells Angels auf die Gesellschaft in Niedersachsen und dessen Bedeutung für die Stadt Walsrode" eingeladen. Das sei ein ernstes Thema und durch Ereignisse wie den "Walsroder Mittwoch" sei die Stadt mittelbar involviert, sagt Lorenz.
Beim DGB und den Grünen sorgt für Unmut, dass Heer sich durch seine geschäftlichen Aktivitäten und Spendenfreudigkeit in Walsrode gesellschaftlich etablieren konnte. Erst im Mai hatte es drei Strafanzeigen gegen Mitarbeiter der GAB Security gegeben. Diese sollen am Rande eines Fußballspiels zwischen dem TuS Celle und Germania Walsrode Zuschauer verprügelt haben. Zu den Ausschreitungen war es gekommen, als die Sicherheitsleute versucht hatten, die Celler Anhänger aus dem Stadion zu drängen.
Dass GAB nun wieder bei einem öffentlichen Ereignis für Sicherheit sorge, sei "keine gute Vorbereitung für den Runden Tisch", sagt der Grüne Gieseke. Er habe erwartet, dass das Stadtmarketing nach den Fußball-Ausschreitungen auf die Dienste von GAB verzichten würde.
"Wir prüfen im Rahmen eines ordnungsrechtlichen Verfahrens derzeit sehr sorgfältig, ob es bei Einsätzen von GAB Rechtsverstöße gab", sagt die Bürgermeisterin Lorenz. Das Verfahren sei jedoch noch nicht abgeschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken