Schweizer Linke und Europa: Die EU ist der falsche Gegner
Das Scheitern des Rahmenabkommens zeigt, wie schwer sich Schweizer Linke mit Europa tun. Dabei sollte sich deren Engagement nicht gegen die Union insgesamt richten.
![Europakarte mit Fähnchen europäischer Länder - die Schweizer Fahne im Fokus Europakarte mit Fähnchen europäischer Länder - die Schweizer Fahne im Fokus](https://taz.de/picture/4880773/14/Europa-schweizer-Linke-schweiz-1.jpeg)
D ie Schweiz beschäftigt sich mit dem Rest der Welt nur dann, wenn es unbedingt sein muss. Seit Jahren zaudert und zögert sie bei jedem noch so kleinen Schritt in Richtung Europäische Union.
Zuletzt macht das gescheiterte Rahmenabkommen mit der EU diese Staatsräson deutlich. Nach sieben Jahren bricht die Schweiz die Verhandlungen zum Abkommen ab. Und das, obwohl die EU droht, die aktuellen bilateralen Verträge würden ohne das Abkommen nicht erneuert.
Der Streit führt innenpolitisch zu Verwerfungen: Bürgerliche und Linke wollen mehr EU – aber sie wollen eine unterschiedliche EU. Daher war bis zuletzt strittig, welche Position die Unterhändler:innen in den Verhandlungen mit Brüssel überhaupt einnehmen sollen. So sehr sich die wirtschaftsliberale FDP den Zugang zum EU-Markt wünscht, so sehr lehnt sie es ab, dass möglicherweise einige Sozialhilfebezüger:innen mehr in der Schweiz leben würden – auch wenn es sich um Arbeitslose handelt, die in der Schweiz Abgaben bezahlen.
Gewonnen haben die Rechtspopulisten
Die Gewerkschaften wehrten sich gegen das Abkommen, da sie den Lohnschutz gefährdet sahen. Die sozialdemokratische SP ist zwar traditionell EU-zugewandt, konnte das Abkommen angesichts des berechtigten gewerkschaftlichen Widerstands aber auch nicht recht bewerben.
Die EU macht es Linken seit Jahren schwer: Austeritätspolitik, brutaler Grenzschutz und Finanzdiktat laden nicht zur Annäherung ein. Über die EU wurde deshalb in der SP nur ungern gesprochen. Dabei muss auch Schweizer Linken klar sein, dass ihre Anliegen nicht gegen die EU als Institution, sondern gegen neoliberale Kräfte weltweit durchgesetzt werden müssen.
Gewonnen hat am Ende eigentlich nur einer: Christoph Blocher. Der Großvater der rechtspopulistischen SVP war 1992 daran beteiligt, dass die Schweiz nicht dem europäischen Wirtschaftsraum beigetreten ist. Seither wettert er gegen die vermeintlichen „fremden Richter“ in Brüssel und lobt die „schweizerische Souveränität“. Sein Engagement trägt nun Früchte.
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