Schweiz gegen Deutschland: Löws Team wieder in Spiellaune
Am Ort des Eröffnungsspieles der kommenden EM schlägt das deutsche Team die Schweizer klar mit 4:0, schöpft neue Hoffnung - und demoralisiert die Gastgeber.
BASEL/BERLIN dpa/taz So macht Zuschauen wieder Spaß: Am Mittwoch präsentierte sich das deutsche Team nach zuletzt dürftigen Auftritten endlich wieder in der Spiellaune, die das Land während der WM so begeistert hatte. Der sicher vor dem Tor agierende Mario Gomez und die erneut stabile Abwehr erklären den hohen Sieg nicht allein. Insgesamt zeigte die Mannschaft wieder Einsatz und Kombinationsfreude - und funktionierte auch als Kollektiv.
Sicher spielte auch eine Rolle, dass es nach eher unmotivierten Freundschaftsspielen um etwas ging: War es doch die letzte Begegnung vor der Nominierung des EM-Kaders - und dann auch noch an einer der EM-Spielstätten gegen den Gastgeber. Für die Schweizer, die sich nach vielen Jahren endlich wieder auf Augenhöhe mit dem großen Nachbarn sehen, war das ein besoners deprimierender Abend.
In seinem 800. Länderspiel zeigte sich der dreimalige Europameister gegenüber dem von viel Kritik begleiteten 3:0 in Österreich vor wenigen Wochen deutlich verbessert und kam durch Tore von Miroslav Klose, zweimal Gomez und des kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit eingewechselten Lukas Podolski (89.) zu einem auch in dieser Höhe verdienten Erfolg.
Ergebnis: 0:4 (0:1)
Schweiz: Benaglio (VfL Wolfsburg) - Lichtensteiner (OSC Lille), Eggimann (Karlsruher SC), Senderos (FC Arsenal - 75. von Bergen/Hertha BSC), Spycher (Eintracht Frankfurt) - Behrami (Lazio Rom) / 58. Gygax (FC Metz), Inler (Undinese Calcio), Fernandes / 87. Huggel (FC Basel) - Barnetta (Leverkusen) / 80. Vonlanthen (Salzburg) - Derdiyok (FC Basel) / 46. Nkufo (Twente Enschede), Frei (Borussia Dortmund) / 83. Yakin (Young Boys Bern)
Deutschland: Lehmann (FC Arsenal) - Lahm (Bayern München) / 87. Trochowski (HSV), Mertesacker (Werder Bremen), Westermann (FC Schalke), Jansen (Bayern München) / 80. Rolfes (Leverkusen) - Fritz (Werder Bremen) / 72. Arne Friedrich (Hertha), Ballack (Chelsea), Hitzlsperger (VfB Stuttgart), Schweinsteiger (Bayern München) - Gomez (VfB Stuttgart) / 75. Kuranyi (FC Schalke), Klose (Bayern München) / 58. Podolski (Bayern München)
Schiedsrichter: Braamhaar (Niederlande)
Zuschauer: 38.500 (ausverkauft)
Tore: 0:1 Klose (23.), 0:2 Gomez (61.), 0:3 Gomez (67.), 0:4 Podolski (89.)
Gelbe Karten: Inler, Behrami / Klose, Schweinsteiger
Beste Spieler: Inler, Gygax / Mertesacker, Hitzlsperger, Gomez
"Die Mannschaft hat von Beginn an sehr konzentriert gespielt", sagte hinterher Bundestrainer Jogi Löw. "In Wien sind wir viel zu wenig gelaufen, das musste heute besser werden - wir können zufrieden sein." Sein besonderes Lob galt Gomez: "Er hat gezeigt, welche Torgefahr von ihm ausgeht." Von einem "sehr guten Spiel und einem sehr guten Ergebnis" sprach Kapitän Michael Ballack. "Ich glaube, wir können uns bei der EM sogar noch steigern", kündigte Abwehrspieler Philipp Lahm an.
Auf dem schwer bespielbarem Boden in Basel überzeugten sowohl die mit Heiko Westermann neu besetzte Abwehrreihe als auch das Sturmduo Klose/Gomez. Klose, der mit seinem 38. Länderspiel-Treffer Oliver Bierhoff überflügelte und auf Platz sieben der DFB-Bestenliste vorstieß, war nach einer Flanke von Mario Gomez dicht vors Tor zur Stelle und nutzte einen Fehler des Wolfsburger Bundesliga-Keepers Diego Benaglio aus, der wohl mit einem Torschuß gerechnet hatte und die Flanke nur leicht ablenken konnte. Klose musste den Ball nur ins Tor schieben.
Gomez war auch in der zweiten Halbzeit ein ständiger Unruheherd im Schweizer Strafraum. Und machte dann in der 61. und 67. Minute mit zwei Treffern kurz nacheinander den Sieg klar. Erstmals war der Stuttgarter im Juni vergangenen Jahres gegen San Marino zweimal erfolgreich gewesen.
Unter besonderer Beobachtung stand nach seinen schweren Patzern in Wien Jens Lehmann. Der beim FC Arsenal auf der Ersatzbank schmorende Torwart wurde von den mit fünf Bundesliga-Profis angetretenen Schweizern aber nur selten auf die Probe gestellt und konnte seine Rekordserie auf 621 Minuten ohne Gegentor ausbauen.
Erst nach knapp einer Stunde musste Lehmann bei einem Distanzschuss von Daniel Gygax zum ersten Mal sein Können zeigen. Wirkungsvoll unterstützt wurde er von der Innenverteidigung mit Per Mertesacker und dem erstmals im Nationaltrikot auf dieser Position eingesetzten Westermann. Beide waren vor allem mit hohen Bällen nicht zu überwinden.
Clemens Fritz, der auf der rechten Seite den Vorzug vor dem formschwachen Bernd Schneider erhielt, sammelte ebenfalls Pluspunkte im Kampf um ein EM-Ticket und bereitete Gomez' erstes Tor mit klugem Pass vor. Im Mittelfeld war Thomas Hitzlsperger zunächst effizienter als Ballack, dessen Kreise immer wieder von Gelson Fernandes und Gökhan Inler eingeengt wurden. Der Kapitän hatte seine stärksten Szenen in der Balleroberung, im Spiel nach vorne ging dagegen wenig Überraschendes von ihm aus.
Am Schauplatz des EM-Eröffnungsspiels am 7. Juni erwischte die deutsche Mannschaft den besseren Start, doch die schwungvolle Anfangsphase verpuffte ohne Torerfolg. Gerade als die Eidgenossen allmählich die Kontrolle über die Partie zu gewinnen begannen, nutzte Klose den Patzer von Benaglio zur Führung. Der Treffer wirkte sich belebend auf das deutsche Spiel aus. Vier Minuten später verhinderte Benaglio beim strammen 16 Meter-Schuss von Thomas Hitzlsperger das drohende 0:2. Auch gegen den von Gomez freigespielten Ballack reagierte der 24jährige Schlussmann mit Fußabwehr glänzend (39.).
Sieben Minuten nach Wiederbeginn hätte Gomez bereits alles klar machen können für die Löw-Schützlinge. Nach energischem Antritt und klugem Zuspiel von Lahm zielte der von Stephan Lichtsteiner noch bedrängte Stuttgarter allerdings knapp daneben. Neun Minuten später machte es Gomez besser, nachdem sich Fritz zuvor im Zweikampf gegen den starken Tranquillo Barnetta durchgesetzt hatte.
Das zweite Tor löste endgültig alle Fesseln. Gegen den für Klose eingewechselten Podolski parierte Benaglio (63.) mit prächtiger Reaktion, doch als Gomez wiederum frei vor ihm auftauchte, war der Wolfsburger machtlos und die Partie entschieden.
Mit seinem 25. Länderspieltor rundete Podolski den gelungenen Abend ab. Und kam so auch noch zu einem Erfolgserlebnis. Am Ende haben sich alle aufgestellten und eingewechselten Spieler für den 23köpfigen EM-Kader empfehlen können. Trainer Löw wird seine Wahl am 16. Mai auf der Zugspitze (kein Witz!) vorstellen.
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