"Schweinegrippen"-Impfung: Tust du's oder nicht?

Impfen lassen oder nicht? Die Frage spaltet Frühstückstische, Großraumbüros, Nachbarschaften. Hier eine kleine Handreichung zur Debatte.

H1N1-Impfung: Für Viele keine leichte Entscheidung. Bild: ap

Wer ist besonders vom Risiko einer Infektion betroffen?

Die Gefahr der Ansteckung steigt für alle, besonders aber für Menschen, die sich viel in Gruppen aufhalten. Nach den Statistiken des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) stecken sich Leute in den Altersgruppen der 10- bis 19-Jährigen und der 20- bis 29-Jährigen besonders leicht an. Denn diese Altersgruppen kommen beispielsweise in Schulen besonders viel mit anderen Menschen zusammen, erklärt Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert-Koch-Instituts in Berlin. Nach einer Studie aus den USA sind alte Menschen, die schon eine Grippe hatten, womöglich sogar immun gegen das Schweinegrippe-Virus.

Bei welchen Gruppen besteht die Gefahr, dass die Infektion schwer verläuft ?

Junge Menschen infizieren sich aufgrund ihrer vielen Gruppenkontakte zwar leichter, aber sie tragen kein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Schwangere hingegen haben ein höheres Risiko, dass die Infektion sich schwerer auswirkt, erläutert Glasmacher. Infizierte mit vorangegangenen Grunderkrankungen, etwa Asthma, haben gleichfalls ein höheres Risiko, dass die Erkrankung schlimmer ausgeht und am Ende bleibende Lungenschäden oder sogar den Tod mit sich bringt.

Menschen mit sehr hohem Übergewicht und Infizierte über 50 Jahren sind eher gefährdet, an der Erkrankung zu sterben, ergab eine US-amerikanische Studie, über die das Portal www.facharzt.de berichtet. In vom ECDC veröffentlichten Zahlen über Großbritannien zeigte sich aber auch, dass dort unter den Schweinegrippen-Todesfällen 20 Prozent der Betroffenen keine gesundheitlichen Vorbelastungen hatten.

Wie viele Infektionen verlaufen tödlich?

In Deutschland kommen auf 30.000 Erkrankungen bisher 9 Todesfälle, fast alle der Verstorbenen hatten vorher Grunderkrankungen. Bei 2 der Toten ist die Frage der Vorerkrankungen noch nicht abschließend geklärt. Die Statistik der ECDC zählte in Großbritannien im Juli 10.649 registrierte H1N1-Infektionen, darunter 28 Todesfälle. Das ECDC kommt zu dem Schluss, dass in Europa im Schnitt bis zu 0,3 Prozent der Infektionen tödlich verlaufen. Allerdings sei auch dieser Prozentsatz möglicherweise noch etwas zu hoch gegriffen, da viele Erkrankungen aufgrund ihres milden Verlaufes gar nicht offiziell erfasst würden, heißt es in der Broschüre "ECDC Interim Risk Assessement".

Ist das Sterblichkeitsrisiko einer normalen saisonalen Grippe höher als bei der Schweinegrippe?

Vergleicht man die Zahlen der Toten, erscheint das Sterblichkeitsrisiko bei der Schweinegrippe tatsächlich relativ klein. Vor solchen Vergleichen warnt jedoch die Wissenschaftsautorin Debora MacKenzie im aktuellen New Scientist. Die Sterblichkeitsquoten durch die saisonale Grippe beinhalteten auch indirekte Todesfälle durch diese Viren wie etwa Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Die Sterblichkeitsstatistik zum H1N1-Virus erfasse hingegen nur unmittelbar damit verbundene - und damit eher weniger -Todesfälle, gibt die Autorin zu bedenken. Die genauen Todesraten seien derzeit noch gar nicht zu ermitteln.

Sind die Nebenwirkungen der Impfungen gegen das H1N1-Virus nicht schlimmer als das Erkrankungsrisiko?

Rötungen und Schwellungen am Arm können Folgeerscheinungen der Injektion sein. Auch Kopfschmerzen und leichtes Fieber seien möglich, erklärt Susanne Stöcker, Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Die Nebenwirkungen seien wohl häufiger als bei Impfungen gegen die saisonale Grippe. In Schweden, wo bereits ein Fünftel der Bevölkerung mit dem Wirkstoff Pandremix geimpft ist, habe es nur auf etwa 100.000 Impfungen je einen Fall mit schwereren, aber beherrschbaren Problemen gegeben, berichtet der Vorsitzende des Berufsverbandes der Allgemeinärzte in Berlin und Brandenburg, Hans-Peter Hoffert.

Der Impfstoff ist wenig getestet, sagen hingegen Kritiker wie der Herausgeber des arznei-telegramms, Wolfgang Becker-Brüser. Der Wirkverstärker, in dem Impfstoff enthalten, verdoppele die Häufigkeit von Nebenwirkungen, so Becker-Brüser. Manche Ärzte sind sich auch nicht sicher, ob Schwangere in den ersten drei Monaten geimpft werden sollen. In allen Bundesländern gibt es bei den Ärzten nur den Impfstoff mit Wirkverstärkern wie Pandremix.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.