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Schweigen, Erinnern, Trauern

■ Gestern wurde in Bremen offiziell um die Toten in den USA getrauert / Forderungen nach „Frieden“ bis hin zum „Beistand für den Nato-Partner“ wurden laut

Für fünf Minuten gedachten gestern auch viele Bremerinnen und Bremer der Opfer der Flugzeuganschläge in den USA. Die rund 300 Straßenbahnen und Busse der Bremer Straßenbahn AG blieben Punkt zehn Uhr still stehen. Im DaimlerChrysler-Werk und in vielen Bremer Büros und Geschäften ruhte ebenfalls in diesen Minuten die Arbeit. Allein auf dem Bremer Markt nahmen rund 1.000 Menschen an einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) teil. Anschließend kamen die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft zu einer Gedenkstunde im Landtag zusammen. Inzwischen haben sich mehr als 600 BremerInnen in die Kondolenzbücher eingetragen.

Zwei Tage nach den Anschlägen folgten gestern die ersten offiziellen Gedenkminuten und Reden. Viele Menschen – darunter wieder viele Schulklassen – sind der Einladung des DGB gefolgt, um Trauer und Mitgefühl auszudrücken. „Wir wollen auch zeigen, dass wir nicht ohnmächtig sind, sondern zusammenstehen“, bekundete die DGB-Vorsitzende Helga Ziegert (SPD). Als ein LKW in der Schweigeminute über den Marktplatz braust, gibt es empörte Zwischenrufe.

„Uns fehlen die Worte“, gestand Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD). Aber wie solle man „Worte finden, für einen Hass der vor nichts Halt macht und tausende Menschen in den Tod reißt“? Schweigen oder einfach so „wieder zum Alltag übergehen“, sagte er, das ginge nicht. Nicht wie bei den Terroranschlägen in Israel, die die meisten schnell wieder vergessen.

Am Ende der Kundgebung schien kaum jemand so recht wieder in den normalen Arbeitsalltag zurückkehren zu wollen: Viele Menschen strömten stattdessen in den Bremer Dom, in dem sich schon am Vortag immer wieder Tausende versammelt hatten, um dort Blumen niederzulegen, zu beten oder die vielen kleinen Wunschzettel und Bitten zu lesen, auf denen immer wieder die Angst vor Gegenschlägen und Krieg beschrieben wird. „So eine ganz spontane Solidarität habe ich in Bremen noch nie erlebt“, sagte auch Pastor Louis Ferdinand von Zobeltitz über die Kirchenbesuche.

Im Anschluss an die Kundgebung gedachten in der Bürgerschaft mindestens 400 Menschen den Ereignissen – darunter die Abgeordneten und viele SchülerInnen. Als Hausherr sprach noch einmal Christian Weber: „Wir haben die Vereinigten Staaten als unverwundbar angesehen“, bis zu diesem Dienstag, an dem das Gegenteil in 30 Minuten bewiesen wurde. Eine Zäsur sei das, betonte Weber – an deren Ende die Gewissheit stünde, dass man nirgendwo mehr sicher sei. „Vor derartigen Anschlägen gibt es einfach keine Sicherheit.“

Bürgermeister Hartmut Perschau (CDU) mahnte zur Vorsicht: „Es darf nicht sein, dass der Terrorismus triumphiert über die Mehrheit der Bevölkerung, die Frieden und Freiheit wollen.“ Bislang habe es eine ungewöhnliche Bereitschaft zur Diskussion gegeben, vor allem junger Menschen, die wieder „über unsere Werte reden, über Menschenwürde und Freiheit“. Angst allerdings helfe da nicht weiter, sondern „Mut und Augenmaß“. Genauso wie man das Gespräch für den Frieden suchen müsse, müsse Deutschland auch seine Solidarität im Nato-Bündnis leisten.

Deutlich gegen Vergeltungsschläge sprach sich allein Pastor Louis Ferdinand von Zobeltitz aus. Die Angst davor sei nicht unbegründet. „Erstmals seit Bestehen der Nato befinden wir uns im Verteidigungsfall – was auch immer das bedeuten mag.“ In Schulen und Kirchen müsse man aufpassen, dass Angst nicht in irrationalen Hass umschlage, der „das Miteinander von Muslimen, Juden und Christen zerstören könnte“.

Die Frage sei doch: „Lassen wir uns den Terror aufzwingen oder finden wir andere Antworten?“ Schon jetzt sprechen sich in erschreckender Weise Kommentatoren für Vergeltung aus, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Doch das könne die Welt erst recht „in die Gewaltspirale reißen“. Stattdessen müsse man überlegen, wie man den Menschen ein Leben in Würde ermöglichen könne, um so den fanatischen Hass trockenzulegen. „Das ist die wirkliche Herausforderung an die globalisierte Welt.“

Dorothee Krumpipe

Heute ab 14 Uhr findet in der Moschee in Gröpelingen ein gemeinsamer Gottesdienst statt. In der Synagoge an der Schwachhauser Heerstraße wird um 18 Uhr der Opfer des Anschlags gedacht.

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