Schwedische Ministerin mit Zivilcourage: Ohlsson eröffnet Gay Pride in Litauen
Schwedens EU-Ministerin Birgitta Ohlsson will am Samstag eine Homosexuellen-Parade in Vilnius eröffnen. Konservative litauische Politiker werfen ihr Einmischung vor.

STOCKHOLM taz | Birgitta Ohlsson mischt sich ein. Eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes werfen ihr Litauens konservative Politiker und deren Medien vor und kritisieren scharf die Absicht der schwedischen Europaministerin, am nächsten Samstag die Gay Pride in Vilnius zu eröffnen: Das sei ja so, als wenn russische Ultranationalisten plötzlich in Litauens Hauptstadt demonstrieren würden.
Doch mit solchen Vergleichen sind die Vertreter von "Sjdis" und anderen Gruppen, die "unsere Familien und unser Vaterland vor der Homosexualität retten" wollen, bei Schwedens jüngster Ministerin an die Falsche geraten: "Neonazis dürfen in Litauen offenbar gern demonstrieren, sexuelle Minderheiten aber nicht", gibt sie zurück und findet es "äußerst bedauerlich, dass ein EU-Land sich auf diese Weise blamiert".
Homosexuellen-Aktionen hatten es im Baltikum schon immer schwer. In Litauen haben die BefürworterInnen eines Verbots durch ein umstrittenes "Moralgesetz", das im letzten Jahr in Kraft getreten ist, neuen Auftrieb erhalten. Es verbietet "positive Informationen" über sexuelle Beziehungen und Familienkonstellationen, die nicht mit der Verfassung vereinbar sind. Die Gay Pride tue genau dies, argumentieren GegnerInnen.
Obwohl EU-Ministerin Ohlsson erst vor drei Monaten ins Amt gekommen ist, schaffte sie es,bereits zwei Besuche in Litauen zu absolvieren und dessen Regierung ihre Sicht zu diesem "Moralgesetz" zu erläutern: "Damit hat man mehrere Schritte rückwärts gemacht."
Der 34-Jährigen, verheiratet, im siebten Monat schwanger, sozialliberal, Feministin, Vegetarierin und für die Abschaffung der schwedischen Monarchie, deren Traumjob eigentlich das Entwicklungshilferessort oder die Leitung einer Menschenrechtsorganisation wäre, ist es mit ihrem Pride-Engagement gelungen, ihren ersten Ministerposten gleich zum Forum für eine ihrer Herzensfragen zu machen: "Alle sollen gleiches Recht und gleichen Respekt genießen, unabhängig davon, ob sie Frauen sind oder Schwule oder aus einem anderen Land kommen." Als Nächstes will sie in Brüssel die Situation der Roma in EU-Ländern thematisieren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?