Schweden: Star-Reporter unter Korruptionsverdacht
Einer der berühmtesten Journalisten Schwedens soll Geld für geplante Beiträge kassiert haben. Doch auch die Staatsanwälte stehen unter Druck.
Schwedens Krimi-AutorInnen hätten sich den Fall wohl kaum verzwickter ausdenken können: Im Zentrum steht einer der prominentesten Fernsehjournalisten des Landes, Trond Sefastsson. Erst geriet er unter Korruptionsverdacht. Am Mittwoch wurde er zwei Stunden verhört. Anschließend wurde ihm ein Durchsuchungsbeschluss präsentiert, seine Wohnung auf den Kopf gestellt und sein Rechner beschlagnahmt. Und nun wird die Staatsanwaltschaft angeklagt, die Verfassung gebrochen zu haben.
Trond Sefastsson gehört der Redaktion des politischen Magazins Kalla Fakta (Reine Tatsachen) des größten Privatsenders TV 4 an. 2001 bekam er den "Großen Journalistenpreis" für eine Dokumentation über den zu Unrecht wegen Mordes verurteilten Yasser Askar. Der bekam aufgrund der Recherchen des Reporters ein Wiederaufnahmeverfahren, wurde freigesprochen und erhielt Schadenersatz.
Vermeintliche oder tatsächliche Justizirrtümer sind das Fachgebiet Sefastssons, der Jura studierte und neben seinem Journalistenjob eine Rechtsberatungsfirma betreibt. Es kam daher immer wieder vor, dass ihn Gefängnisinsassen baten, ihren Fall aufzugreifen. Einer von ihnen war der wegen eines Drogendelikts einsitzende Idriz Rexhepi. Über eine Reportage wollte er zu einem neuen Verfahren kommen.
Rexhepis Familie bezahlte Sefastsson rund 45.000 Euro dafür. Da es zu keinem Magazinbeitrag kam, forderte sie ihr Geld zurück. Als Sefastsson das verweigerte, steckte die Familie die Geschichte der Boulevardpresse: "Korrupter Journalist hatte eine Preisliste für Fernsehbeiträge!" Auch der Sender TV 4 wurde erpresst: Gegen saftige Bezahlung wurde ihm die Aushändigung von Material versprochen, das seinen Starjournalisten belasten würde. Sefastsson selbst versuchte, einen Zellengenossen Rexhepis dafür zu gewinnen, diesen "irgendwie" zum Schweigen zu bringen - ein Gespräch, das ein investigativ recherchierender Journalist, der Sefastssons Geldgeschäften auf der Spur war, heimlich aufnahm.
Sefastsson ist nun beurlaubt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugs, Bedrohung und gesetzeswidriger Vorteilsannahme. Er selbst behauptet, das Rexhepi-Honorar - dass er es bekommen hat, ist unstrittig - nicht für einen TV-Beitrag, sondern für juristische Beratung erhalten zu haben.
Offenbar, um an Beweise gegen Sefastsson zu kommen, entschloss sich die Staatsanwaltschaft zur Beschlagnahmung seines Rechners. Damit gerät nun sie ins Zwielicht. Schweden ist stolz auf seine verfassungsrechtlich geschützte Pressefreiheit, deren Wurzeln bis 1766 zurückreichen. Dazu gehört der Quellenschutz: Staat und Justiz dürfen keinen Journalisten zwingen, seine Quellen preiszugeben, und auch selbst nicht versuchen, sie aufzudecken. Zuletzt hatte die Justiz vor dreieinhalb Jahrzehnten gegen dieses Grundrecht verstoßen. Damals war aber die Tätigkeit eines geheimen Zweigs des Geheimdienstes enthüllt worden, und so war dies damals immerhin unter dem Vorwand geschehen, es gehe um die nationale Sicherheit. Nun geht es lediglich um einen strafrechtlichen Vorwurf gegen einen einzelnen Journalisten.
In Sefastssons Rechner, der beschlagnahmt wurde, "liegt Material aus jahrelanger journalistischer Arbeit, sagt TV 4-Redaktionschef Jan Scherman. "Die Polizei kann jetzt nachsehen, wer welche vertraulichen Angaben gerade über die Polizei und andere Ämter gemacht hat." Und Agneta Lindblom Hulthén, Vorsitzende des schwedischen Journalistenverbands, beklagt einen "ernsten Grundrechtsverstoß" - sie fürchtet, der Fall Sefastsson deute auf den Versuch, journalistische Rechte systematisch zu beschneiden.
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