Schweden will fossilen Antrieb bannen: Viel Grünes – aber Wald im Tank
Die neue Regierung will den Verkauf von Autos mit fossilen Brennstoffen bis 2030 stoppen und „Biosprit“ fördern. Der bedroht die Wälder.
Wenn mehr Gelb in der Regierung „in mancher Hinsicht ein Fortschritt“ (Greenpeace) ist, so liegt das an einem der liberalen Partner von Rot-Grün, der Zentrumspartei. Bevor es in Schweden die grüne Miljöpartiet gab, war das aus bäuerlichen Wurzeln entstandene Zentrum die „grüne Partei“ des Landes.
Das Zentrum kämpfte beispielsweise für einen Ausstieg aus der Atomenergie und engagierte sich für den Naturschutz. Aber für mehr Umweltschutz zu kämpfen und sich gleichzeitig als Lobby der Land- und Forstwirtschaft zu verstehen kann auch zu recht zwiespältigen Resultaten führen.
Gefahr für die letzten Naturwälder
Die Handschrift des Zentrums im gemeinsamen Sachprogramm der Regierung wird deutlich beim Ausstieg aus der auf Erdöl beruhenden Antriebstechnik im Straßenverkehr. Die soll neben Elektrizität auf „Biokraftstoffe“ aus land- oder forstwirtschaftlicher Produktion umgestellt werden.
Was, wie auch Lina Brunelius – Waldexpertin bei Greenpeace Schweden – konstatiert, aber „die Klimafrage nicht löst“, sondern eine „zusätzliche Gefahr für das Klima und einen schon schwer mitgenommenen Wald“ darstellt: Die letzten Naturwälder seien nun bedroht, „dabei müssten gerade sie, die große Mengen des Treibhausgases CO2 gebunden haben, total geschützt werden“.
Immerhin hat sich die Regierung vorgenommen, sich in der EU für eine europäische Klimagesetzgebung starkzumachen, sich innerhalb internationaler Abkommen für eine Besteuerung von Flugbenzin einzusetzen und den Ausbau der schwedischen Bahninfrastruktur zu beschleunigen.
Einzelne grüne Programmpunkte helfen nicht wirklich, wenn die ganze Richtung nicht stimmt, kritisiert der ehemalige grüne EU-Abgeordnete Carl Schlyter. Die rot-grüne Regierung habe einen neoliberalen Kurs eingeschlagen, der die Gräben in der Gesellschaft weiter vertiefen werde. Damit sei aber die erforderliche Wende für Umwelt und Klima gerade nicht zu schaffen, sondern sie werde eher sabotiert. Schlyter und zwei andere führende Grünen-PolitikerInnen haben in der vergangenen Woche aus Protest gegen diesen Schwenk ihre Partei verlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben