Schwarz-grüne Gespräche in Hamburg: "Die Chemie stimmt"
In Hamburg gibt sich nach zwei Tagen Verhandlungen über ein schwarz-grünes Bündnis vor allem die CDU sehr optimistisch. Am 7. Mai soll neuer Senat gewählt werden.
HAMBURG taz Frank-Thorsten Schira demonstriert sein sonnigstes Gemüt. "Ich weiß gar nicht genau, womit wir anfangen", versucht der Fraktionschef der CDU in der Hamburger Bürgerschaft den Journalisten am Dienstagvormittag im Nobelhotel Grand Elysee weiszumachen. Ganz locker. Als ginge es nicht um die Verhandlungen über die erste schwarz-grüne Landesregierung in Deutschland, als ginge es nicht um so konfliktbeladene und symbolträchtige Themen wie die Ausbaggerung der Elbe, die Erweiterung des größten deutschen Hafens und den Bau des größten deutschen Steinkohlekraftwerks. "Ach", sagt Schira freundlich lächelnd, "ich bin ganz entspannt."
Sieben Stunden später wird CDU-Bürgermeister Ole von Beust "die menschlich sehr unkomplizierte Atmosphäre" loben, in der die Delegationen von Union und Grünen, die in Hamburg Grün-Alternative Liste (GAL) heißen, im 6. Stock des Hotels getagt haben. Zwei Verhandlungsrunden brachten sie am Montag und Dienstag hinter sich, fast 14 Stunden saßen sie sich gegenüber im Konferenzraum mit dem beziehungsträchtigen Namen Oval Office. Als sie am Abend für kurze Statements vor die Medien treten, verbreiten sie gute Laune und erklären Nachfragen für unerwünscht.
Beust und vor allem Michael Freytag, CDU-Parteichef und Finanzsenator, sprühen nur so vor metaphorischem Optimismus. "Die Chemie stimmt", resümiert Freytag, man sei "noch nicht über den Berg", habe diesen aber "ein weiteres Stück in Richtung Gipfel erklommen", vernünftige Lösungen seien, sagt Beust, "möglich und von allen gewollt". Trockener formulieren da die beiden grünen Spitzenfrauen. "Es gab heute keine schweren Krisen", sagt Fraktionschefin Christa Goetsch, man sei "bei der Organisation des Prozesses zur Lösung strittiger Fragen ein ordentliches Stück weitergekommen", gibt die Parteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete Anja Hajduk mit unbewegter Miene zu Protokoll.
Und doch sieht es so aus, als sollte die schwarz-grüne Premiere an der Elbe über die Bühne gehen. In allen wesentlichen Punkten sollen die Grünen - so der informelle Pegelstand aus der Gerüchteküche - bekommen, was sie sich wünschen. "Deutlich mehr, als wir der SPD hätten abringen können", glaubt ein grünes Delegationsmitglied, aber für Rot-Grün gab es ja eh keine Mehrheit in Hamburg bei der Wahl am 24. Februar, also muss es wohl Schwarz-Grün werden.
Die erneute Vertiefung der Elbe für die Containerriesen der Zukunft wird die GAL wohl akzeptieren müssen. Bis Freitag nächster Woche soll ein eigens eingerichteter Arbeitskreis eine allseits akzeptable Lösung skizzieren, eine weitere Arbeitsgruppe soll versuchen, den im Wahlkampf zur Prestigefrage hochgepuschten Streit um das Steinkohlekraftwerk Moorburg zu entschärfen, zwei weitere Untergruppen beschäftigen sich detailliert mit Verkehrsfragen.
Letztlich entscheide "die Gesamtschau", sagen Beust und Hajduk. Die wird frühestens Mitte April vorliegen. Bis dahin sind noch Steine aus dem Weg zu räumen: Schulstruktur zwischen Elitegymnasien und Einheitsschule, Humanisierung des Strafvollzugs und Entschärfung des laut CDU "knackigsten" deutschen Polizeigesetzes sind die schwersten Brocken. Diese müssen so beseitigt werden, dass die grüne Basis auf einer Mitgliederversammlung zustimmt. Aber auch so, dass die Bild-Zeitung nicht das publizistische Dauerfeuer startet, das sie hinter den Kulissen für den Fall zu großer Zugeständnisse an die Grünen angekündigt hat. Dann könnte die neue Regierung am 7. Mai in der Bürgerschaft gewählt werden.
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