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Schwarz-gelber Atomkompromiss Österreich gegen deutsches AKW

Im Nachbarland regt sich Protest gegen die Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke. Der Grund für den Zorn: das marode Kraftwerk Isar 1 in Bayern.

Die Österreicher bevorzugen Germknödel statt Brennstäbe: AKW Isar 1. : dpa

MÜNCHEN taz | Nicht genug damit, dass die Bundesregierung mit ihrem Atomkompromiss den Zorn der Umweltschützer provoziert hat, der Stadtwerke und der Kommunen. Jetzt kommt auch aus dem Ausland massiver Widerstand - aus Österreich.

Man müsse grenzüberschreitend und parteiübergreifend Druck machen, sagte der Umweltminister von Oberösterreich, Rudi Anschober, bei einem Besuch im bayerischen Landtag. Er kündigte an, in den nächsten Wochen bayerische Umweltorganisationen zu besuchen und auf Kundgebungen in Deutschland aufzutreten. Der Grund für den Zorn auf die deutschen Nachbarn: Isar 1, einer der ältesten deutschen Atomreaktoren. Der darf nach dem Atomkompromiss nun wenige Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt acht Jahre lang weiter am Netz bleiben. "In Oberösterreich gibt es eine große Sorge, was Isar 1 betrifft", sagte Anschober.

Der Landespolitiker ist bei den Grünen. Doch die massive Kritik geht in Österreich quer durch die Parteien und bis zur Spitze der Regierung - zum Beispiel Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich von der konservativen ÖVP.

Ein Gutachten im Auftrag der bayerischen Landtagsgrünen hatte massive Sicherheitsmängel an Isar 1 festgestellt. Auch eine vom bayerischen Umweltministerium in Auftrag gegebene Analyse des TÜV konnte die Bedenken im Sommer nicht entkräften. Die Prüfer fanden Risse in Rohrleitungen und empfahlen "weitere in die Zukunft gerichtete Maßnahmen", die notwendig seien, um "dem fortschreitenden Stand der Sicherheitstechnik zu folgen".

Doch ob diese Nachrüstung in Isar 1 auch stattfinden wird, ist nach dem Atomkompromiss der Bundesregierung mehr als fraglich. Das ARD-Magazin "Monitor" berichtete vergangene Woche von einer zwischen Bund und Ländern vereinbarten Prioritätenliste zur AKW-Nachrüstung. Der Austausch von Rohrleitungen müsse nach der Liste etwa erst mittelfristig geschehen. Die Bundesregierung hat den "Monitor"-Bericht dementiert. Große Verpflichtungen zur Nachrüstung haben die Kraftwerksbetreiber nach dem Kompromiss aber nicht. Verlangt die Regierung Nachrüstungen für mehr als 500 Millionen Euro pro Meiler, müssen die Betreiber laut Vertrag weniger an den Bund zahlen.

Die Zugeständnisse bei der Sicherheit könnten aus dem veralteten Reaktor Isar 1 ein Sicherheitsrisiko machen. Schon jetzt sei die Sicherheit im Kraftwerk nicht auf dem Stand der Technik, sagt der Fraktionschef der Grünen im bayerischen Landtag, Thomas Mütze. "Das wird sich noch verschärfen." Nach dem TÜV-Bericht ist Isar 1 nur gegen den Absturz einer kleinen Militärmaschine geschützt. Der Reaktor liegt aber in der Einflugschneise des Münchner Flughafens. "Wir reden gar nicht von einem terroristischen Anschlag. Da braucht nur ein Flugzeug beim Start abzuschmieren, dann hätten wir den GAU", sagte Thomas Mütze von den bayrischen Grünen.

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