Schwarz-Gelbe Atompolitik: Kommission will Ausstieg bis 2021
Die Atomenergie-Ethikkommission will, dass Deutschland bis spätestens 2021 aus der Atomkraft aussteigt. Es gebe Alternativen zum Atomstrom, die "allesamt weniger Risiken aufweisen".
BERLIN dpa | Die für die Regierungsentscheidung mit maßgebliche Ethikkommission hält einen Atomausstieg bis 2021 oder früher für machbar. Das geht aus dem Entwurf für den Abschlussbericht hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über den auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Spiegel online berichteten.
Die sieben wegen des Moratoriums der Regierung bis Mitte Juni abgeschalteten Atomkraftwerke sollen nicht mehr ans Netz gehen, empfiehlt der sogenannte 17-köpfige Rat der Weisen. "Die einstweilige Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke zeigt, dass die etwa 8,5 Gigawatt Leistung dieser sieben Kraftwerke und des Atomkraftwerks Krümmel ohne Probleme ersetzt werden kann", heißt es in dem Entwurf. Um den Ausstiegsprozess zu begleiten, empfiehlt die Kommission die Benennung eines "Parlamentarischen Beauftragten für die Energiewende" und die Einrichtung eines "Nationalen Forums Energiewende".
Die vom früheren Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und dem Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, geführte Kommission mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Kirchen war von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als Konsequenz aus der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima eingesetzt worden.
Abschlussbericht soll auch Ergebnis Reaktorprüfung enthalten
Der Abschlussbericht soll der Regierung am 30. Mai übergeben werden. Eigentlich soll dieser auch das bis Mitte Mai erwartete Ergebnis der Reaktorsicherheitskommission aufnehmen, die für die technische Überprüfung der 17 deutschen AKW zuständig ist. Auf Basis beider Berichte will die Bundesregierung am 6. Juni ein Gesetzespaket mit einem Enddatum für die Nutzung der Atomkraft beschließen, bis 8. Juli sollen Bundestag und Bundesrat entscheiden.
In dem 28 Seiten umfassenden Papier mit dem Titel "Deutschlands Energiekonsequenz - Ein Gemeinschaftswerk Energiezukunft Deutschland" wird mit Blick auf einen GAU betont: "Diese Folgen lassen sich weder räumlich, noch zeitlich, noch sozial begrenzen". Um solche Unfälle zu vermeiden, dürfe die Atomkraft nicht mehr verwendet werden. "Die Ethikkommission empfiehlt einen vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie", heißt es als Schlussfolgerung.
Ausstiegs-Korridor mit Verkürzungs-Option
Am besten sei es, von einem "Ausstiegs-Korridor" zu sprechen, wird betont. Experten aus Wissenschaft und Energiewirtschaft hätten einen Zeitraum von zehn Jahren als machbar bezeichnet, also bis 2021. Im besten Falle könne der Korridor aber so verkürzt werden, dass das letzte Atomkraftwerk schon deutlich eher vom Netz gehen könnte. Hier wird in dem Entwurf aber noch keine konkrete Jahreszahl genannt.
In welcher Reihenfolge Atomkraftwerke abgeschaltet werden, müsse sich nach den Maßstäben der Reaktorsicherheit und ihrer Bedeutung für das Stromnetz richten und nicht nach der bisherigen Betriebsdauer.
Zudem solle der Ausstiegskorridor regelmäßig überprüft werden. Prüfkriterien seien die Auswirkungen auf die Preise, die Stabilität der Stromversorgung, die Ausstöße von Kohlendioxid und die Entwicklung bei Stromimporten. Ob der Atomausstieg zu höheren Strompreisen führe, sei nicht exakt vorauszusagen, Schätzungen schwankten zwischen 0,1 und 5 Cent mehr pro Kilowattstunde.
Energiewende beschleunigen
Um die Energiewende zu beschleunigen, wird ein Bündel an Maßnahmen empfohlen, etwa auch eine deutliche Aufstockung der Gelder für die Gebäudesanierung, um hier Energie einzusparen. Zudem könne sich ein Ausstieg aus der Kernenergie und ein Ausbau von erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie zum Wachstumstreiber entwickeln. Betont wird, dass der Klimawandel wie die Atomkraftnutzung ein großes ethisches Risiko darstelle, daher dürfe der Atomausstieg nicht mit einem starken Anstieg der CO2-Emissionen einhergehen. Diese fallen besonders bei der Stromgewinnung in Kohlekraftwerken an.
Leser*innenkommentare
Technikschnecke
Gast
Ethik-Komission ? Was für eine peinliche Aktion. Langsam frage ich mich ob die Kanzlerin ihre Physik-Ausbildung wirklich gemacht hat.
Fehlt nur noch daß Bergkristall-Heiler, Vegan-Gurus und Eso-Hippies über die technologische Zukunft entscheiden.
Angesichts der steigenden German Angst-Technikfeindlichkeit bei steigendem Wohlstand fragt man sich ob Herr Sarrazin nicht doch recht hatte mit seiner Behauptung daß Deutschland sich abschafft. Nur mit den Ursachen hat er sich wohl geirrt.
Heini
Gast
Nicht einen Monat länger unser Leben gefährden!!!
Ausstieg und abschalten sofort in Deutschland und der ganzen Welt.
Abschalten sofort!!!!
Glaubt nicht der Amoralischen Menschenverachtenden Atomlobby und deren Vasallen! Alle die auch nur ein bisschen Respekt und Verantwortung den Lebenden und der kommenden Generation haben müssen für die sofortige Abschaltung plädieren.
Frau Kirschgrün
Gast
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Volle Zustimmung
@Torben und @karakoram.
Frau Merkel hat sich die Teilnehmer an dieser Runde ausgesucht, und nicht, wie es anständig gewesen wäre, die relevanten gesellschaftlichen Gruppen gefragt, welche Vertreter sie in diesen "Ethikrat" entsenden wollen – nach Gutsherrenart, ähm Gutsfrauenart eben.
Demokratie – dass ich nicht lache!
Sie kommt halt aus dem Osten, und kann nur von oben nach unten, gell. . .
und wir Torten lassen uns das gefallen – lausig.
Abwählen. Abschalten. Zu - E C H T E M - Ökostrom wechseln. Sofort.
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karakoram
Gast
@ Torben
"Anhänger irrationaler Weltanschauungen" - stimmt nicht nur im Falle der Kirchenvertreter genau. Der Rest der Kommission ist durchsetzt mit Lobbyisten, Marktradikalen, Industriellen und anderen Heuchlern (der Chemie-Marionette Töpfer z.B.). Deren Weltanschauung, dass die Selbstregulierungs-/heilungskräfte des Marktes alles für alle besser machen und zu immer währendem Wachstum und ständig steigendem Wohlstand führen, ist ebenfalls als höchst irrational entlarvt. Wenn sie denn, ebenso wie die Gestörten im Talar, wirklich an das glauben, was sie da sagen. Daran darf man zweifeln.
In der konkreten Umsetzung des Ausstiegs kommt ein für die Öffentlichkeit windelweich hingelogener Kompromiss raus, der in Wahrheit wiederum Gewinne privatisiert, Kosten sozialisiert und so weitere Milliarden in die Kassen der Konzere spült. Und kaum einer wird es schnallen oder sich gar auflehnen... Wetten? Um ein Jahresgehalt?
Torben
Gast
Vertreter der Kirchen? Wenn ich sowas lese, muss ich glatt kotzen. Laizismus bleibt auch im 21. Jahrhundert ein Traum, was haben denn die Anhänger irrationaler Weltanschauungen bitteschön mit der politischen und wissenschaftlichen Bewertung einer risikobehafteten Technologie zu schaffen? Und erzähl mir keiner was von Werten, die Errungenschaften der Aufklärung mussten den christlichen Kirchen regelrecht abgetrotzt werden.