Schwangere Teenager in Tansania: Mädchen, ihrer Zukunft beraubt
Tansania will schwangere Teenager von der Schule werfen. Eine junge Mutter in Kenia, die sich auf die Oberschule freut, ist empört.
Ihre Eltern waren geschieden, und ihre Mutter schämte sich für die Schwangerschaft ihrer Tochter. Sie verlangte, dass sie ihre Ausbildung stoppte. Ihr Vater wollte, dass sie weiter zur Schule geht. Die Teenagerin folgte dem Rat ihrer Mutter. Dass das Mädchen erst mit 17 die Grundschule abschloss, ist keine Ausnahme in Kenia. Vielen Familien mangelt es an genügend Finanzen für das Schulgeld. Wenn gerade nicht genug Geld da ist, bleiben Kinder halt ein Jahr oder manchmal länger zu Hause.
„Als mein Sohn Luka geboren wurde, ging ich das erste Jahr ganz auf in der Mutterschaft. Mein Leben stand Kopf“, erzählt Kache. „Aber der Wunsch, wieder zur Schule zu gehen, wurde stärker und stärker. Mein Leben konnte doch nicht nur aus Muttersein bestehen.“ Sie beschloss, mit ihren Eltern zu sprechen. Die Mutter kann sich das Schulgeld nicht leisten, sorgt dafür aber jetzt für den drei Jahre alten Luka. Der Vater verkaufte ein Grundstück, und mit dem Erlös zahlt er die Schulgebühren.
„Es ist nicht einfach, zurück auf die Schulbank zu gehen. Aber es ist es wert. Deshalb bin ich so wütend auf den tansanischen Präsidenten, der angeordnet hat, dass schwangere Schülerinnen nie wieder zur Schule gehen können.“
„Sie hatten ihre Chance“
Tansania ist Kenias Nachbarland. Der dortige Präsident John Magufuli sagte vor Kurzem: So lange er im Amt ist, werden Schülerinnen, die schwanger werden, von der Schule fliegen und können nicht mehr zurückkehren. Denn, meinte der 57-Jährige, die Schwangeren ermutigten andere Studenten, Sex zu haben. „Sie hatten ihre Chance, und die bekommt man nur einmal.“ Wer die Schülerinnen schwängert, fügte er hinzu, solle ins Gefängnis.
In Tansania sorgten Magufulis Worte für Entsetzen. Frauenorganisationen und Menschenrechtsgruppen haben seine Äußerungen scharf verurteilt. In Tansania ist es zwar sowieso üblich, schwangere Mädchen von der Schule zu schicken. Aber wenn sie es wollen, können sie bisher nach der Geburt ihrer Kinder zurückkommen.
Racheal Kache
„Die tansanische Regierung sollte besser etwas unternehmen gegen die weit verbreitete sexuelle Gewalt im Land, und angemessene Informationen bieten über Sex und Verhütung“, reagiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Kenia, wo jedes fünfte Mädchen zwischen 15 und 19 schwanger wird, hat schon lange eine besondere Regelung für Teenager-Mütter, um sie wieder zurück in die Schule zu bringen. Sie können zum Beispiel ihre Ausbildung an einer anderen Schule abschließen, um Stigmatisierung an der alten Schule zu entgehen. Aber oft ist die Rückkehr zur Schule nicht finanzierbar. Ein Baby und Schule – das ist einfach unbezahlbar für viele.
Die Kenianerin Racheal Kache hat sich nun für eine Schule auf der anderen Seite Nairobis entschieden. Sie fühlt sich durch die Debatte in Tansania in ihrem Wunsch bestärkt, Anwältin zu werden. Sie will sich einsetzen für die Rechte von Frauen und Mädchen. „Magufuli will Mädchen ihrer Zukunft berauben, wegen eines Fehlers. Es ist doch so im Leben, dass jeder manchmal einen Fehler macht, aber dann auch die Chance bekommt, es wieder gut zu machen. Präsident Magufuli nimmt tansanische Mädchen die Chance. Ich bin froh, dass ich in Kenia lebe und nicht in Tansania.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus