Schutz der Presse: Große Worte, wenige Taten

Die Regierung in Honduras hat sich klar zu Menschenrechten bekannt. Jour­na­lis­t:in­nen kommen in dem versprochenen Programm aber zu kurz.

Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro, nach der Präsidentschaftswahl

Ihre Versprechen hat die erste Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro, noch nicht eingelöst Foto: Foto: Jose Cabezas/reuters

TEGUCIGALPA taz | Dina Meza ist alles andere als bekannt dafür, vorschnell zu urteilen. Doch rund acht Monate nach dem Antritt der neuen Regierung unter Xiomara Castro, der ersten honduranischen Präsidentin, macht sich bei ihr Ernüchterung breit. „Wir haben gehofft, dass die Regierung wie angekündigt den Schutz der Menschenrechte verbessern wird, aber wir warten nach wie vor auf eine Stärkung der Schutzmechanismen“, so die Journalistin mit den Arbeitsschwerpunkten Pressefreiheit und Menschenrechte.

Meza ist eine der treibenden Kräfte dafür gewesen, dass 2015 der Schutzmechanismus für Journalist:innen, aber auch für Umwelt-, Menschenrechts- oder LGBTIQ-Aktivist:innen eingeführt wurde. Der sieht Maßnahmen für deren Sicherheit vor, darunter die Bereitstellung von Ausweichwohnungen, gepanzerten Fahrzeugen, Bodyguards und die Installation von Sicherheitsanlagen in Wohnungen. Doch das Programm, das in den letzten Jahren chronisch unter fehlenden Mitteln litt und für das Regierungsinformationen zufolge 20 Millionen Lempiras, umgerechnet rund 800.000 Euro, zur Verfügung stehen, scheint nicht zu greifen. Ein Beispiel dafür ist eine junge Journalistin, die von Dina Meza und dem von ihr gegründeten PEN-Zentrum für Informationsfreiheit unterstützt wird, weil sie über einen Menschenhandelsring recherchiert hatte und daraufhin bedroht, verfolgt und auch beschossen wurde.

Trotzdem ist die Reporterin, so Meza, nicht in das vom Ministerium für Menschenrechte koordinierte Schutzprogramm aufgenommen worden. Der Grund dafür liegt für Meza auf der Hand: die Entlassung von 14 von 18 Mitarbeitern des Ministeriums am 12. August durch Ministerin Natalie Roque. „Warum entlässt sie gut ausgebildetes Personal aus politischen Motiven?“, fragt Meza. Die Ministerin hatte dem Personal, das auf Wiedereinstellung klagt, vorgeworfen, der Nationalen Partei anzugehören, die bis Januar 2022 die Regierung stellte, wobei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Die Unregelmäßigkeiten, die die Ministerin dem entlassenen Personal vorwirft, sind nicht weiter spezifiziert, mit Ausnahme von der Doppelbesetzung von Funktionen innerhalb des Schutzmechanismus. Das geht aus einer Stellungnahme des Ministeriums hervor.

Das kritisiert Meza, die gewählte Vertreterin des „Rats zum Schutz der Zivilgesellschaft“ ist und in dieser Funktion gemeinsam Donny Reyes das Ministerium beraten und gezielt Fälle für den Schutzmechanismus vorschlagen soll. Doch das funktioniert in der Praxis nicht, und das haben Meza, Reyes und andere Mitglieder des Rats bei einer Pressekonferenz vor dem Ministerium bereits im Juli publik gemacht. Sie werfen Ministerin Natalie Roque vor, nicht nur Mittel für den Schutzmechanismus nicht freizugeben, sondern auch Mit­ar­bei­te­r:in­nen ihres Ministeriums zu schikanieren, über Kameras zu überwachen und sie verbal anzugreifen und zu diskriminieren. Zudem sei die Militärpolizei, die für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, darunter etliche gegen LGBTIQ-Aktivist:innen, im Ministerium immer wieder präsent. Kritik, die Ministerin Roque bereits im Juli kategorisch zurückwies.

Studie zum Schutz von Medienschaffenden

Mitte August folgte dann die Entlassungswelle, die dafür sorgt, dass der Schutzmechanismus nicht oder nur partiell funktioniert. 25 Morde allein in diesem Jahr an LGBTIQ-Aktivist:innen haben Organisationen wie Arcoiris bisher dokumentiert. Zwei Morde an Berichterstattern werden derzeit von Reporter ohne Grenzen überprüft, ob sie die Kriterien von Journalistenmorden erfüllen. Die Medienorganisation hat in einer Pressemeldung zudem auf die Vorgänge im Ministerium kritisch hingewiesen. Außerdem legte die Medienorganisation erst im Februar eine vergleichende Studie zu den staatlichen Mechanismen zum Schutz von Medienschaffenden in Honduras, Kolumbien, Brasilien und Mexiko vor. Darin wurde Honduras, das auf Rang 165 von 180 Ländern geführt wird und ohnehin als extrem gefährlich für Journalisten gilt, bescheinigt, zu langsam zu entscheiden, wenn es um den konkreten Schutz geht.

Zudem wurde auf den Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen hingewiesen. Geld hat die neue Leiterin des Schutzprogramms, Carmen Escobar, zwar mittlerweile zur Verfügung, aber das Personal, welches ihr zuarbeitet, muss erst neu ausgebildet werden. Dafür scheint es eine zentrale Verantwortliche zu geben: die zuständige Ministerin.

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