Schulunterricht von zu Hause: Hausaufgaben bis zum Impfstoff
Auch im nächsten Schuljahr gibt es keinen normalen Schulbetrieb, sagt Bildungsministerin Karliczek – und stellt 500 Millionen Euro für Laptops bereit.
Die aus Rheinland-Pfalz zugeschaltete Bildungsministerin und amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz Stefanie Hubig, SPD, bestätigte, dass man überlege, wie die derzeitige Mischung aus Präsenz- und Online-Unterricht nach den Sommerferien fortgesetzt werden könne.
Bund und Länder haben sich daher darauf geeinigt, dass die Schulen nun in großem Stil Klassensätze an Laptops, Tablets und Computer anschaffen sollen, um künftig allen SchülerInnen zu ermöglichen am digitalen Lernen teilzunehmen. Die 500 Millionen Euro Soforthilfe für digitale Bildung, die der Koalitionsausschuss im April beschlossen hatte, sollen, so Karliczek, vollständig in Geräte gehen. Eine entsprechende Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt Schule soll in den kommenden Tagen unterzeichnet werden.
Legt man dabei pro Gerät einen Preis von 350 Euro zugrunde, wären das fast 1,5 Millionen Computer, welche jetzt auf öffentliche Kosten angeschafft werden. Diese sollen Eigentum der Schulen bleiben und an bedürftige SchülerInnen leihweise ausgegeben werden.
Bummeltempo beim Digitalpakt
Die zwischen Bund und Ländern getroffene Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt ist eine Kehrtwende, die den Ernst der Lage unterstreicht. Denn der erst im Vorjahr unterzeichnete, fünf Milliarden Euro schwere Pakt zur Digitalisierung der Schulen war ausdrücklich nicht dazu gedacht, dass die Schulen Hardware einkaufen. Das Geld sollten sie vor allem in Lernplattformen, Breitband und Schulclouds investieren. Zuvor mussten die Schulen jedoch ordentliche Medienkonzepte ausarbeiten und genehmigen lassen.
Das dauerte. Als die Schulen Mitte März schlossen, war nach einer Umfrage der taz nur ein Bruchteil dieses Geldes ausgegeben. In einigen Ländern, etwa in Nordrhein-Westfalen, hatten die Schulen noch nicht einmal Medienkonzepte vorgelegt. Ob die SchülerInnen neben ihren Handys auch noch andere Endgeräte besitzen, interessierte viele Ministerien damals ebenfalls noch nicht. Hartz-IV-Empfänger, die Anträge für den Kauf eines Computers zwecks Homeschooling stellten, erhielten ebenfalls eine Ablehnung.
Die Länder erhalten das Geld für die Computer nun nach dem Königsteiner Schlüssel, also anteilig nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft. Sie sollen zusammen mit den Kommunen die Kriterien erarbeiten, nach denen die Geräte verteilt werden, und legen außerdem einen Eigenbetrag von mindestens 10 Prozent obendrauf.
Hubig sagte, dass die Länder laut Vereinbarung auch die Freiheit hätten, in Lernsoftware zu investieren, kündigte aber an, die gesamten 24 Millionen Euro für Rheinland-Pfalz in Computer zu stecken. In Baden-Württemberg will die grün-schwarz Regierung, die Bundesmittel sogar verdoppeln. „Wir wissen, dass der Bedarf groß ist. Keine Schülerin und kein Schüler soll durch diese Situation benachteiligt werden“, sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann, CDU.
Bei den Müttern und Vätern der Kinder zeigt sich die Bundesregierung weniger großzügig. Sie plant trotz wachsender Kritik keine Verbesserungen für Eltern, die wegen des eingeschränkten Betriebs in Kitas und Schulen nicht arbeiten gehen können und auf Lohnersatzleistungen angewiesen sind. „Angesichts der verstärkt öffnenden Schulen und Kindergärten wird es nach heutigem Stand keine Verlängerung der Regelung geben“, so eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums auf Anfrage der Neuen Osnabrücker Zeitung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen