Schulreform: Ja, Nein oder doch Doppel-Ja
Auf dem Wahlzettel können beide Vorschläge mit "Ja" und "Nein" angekreuzt werden. Initiativen kritisieren auch die Formulierungen von Volks- und Bürgerentscheiden.
Das Landeswahlamt hat am Mittwoch die Stimmzettel für den Volksentscheid über die Schulreform veröffentlicht. Auf den ersten Blick verwirrend an dem Stimmzettel ist, dass beide Vorlagen - die der Bürgerschaft für eine sechsjährige Primarschule und die der Initiative "Wir wollen lernen" gegen die Primarschule - mit "Ja" oder "Nein" angekreuzt werden können.
Der Abstimmungszettel für den Volksentscheid ermöglicht somit ein paradoxes Verhalten: Wahlberechtigte können auch beiden Vorschlägen zustimmen. Wie Asmus Rösler vom Landeswahlamt versichert, bleiben in diesem Fall die Stimmen trotzdem gültig. Bürgerentscheide, also Abstimmungen auf Bezirksebene, sehen für solche Fälle eine dritte Frage vor. Hier kann angekreuzt werden, welcher Alternative man den Vorzug geben würde.
Gezählt werden beim Volksentscheid alle Ja-Stimmen. Sollte es zu einem Patt kommen, werden die Nein-Stimmen für einen Vorschlag von den Ja-Stimmen abgezogen, in der Hoffnung, dass sich daraus ein klares Mehrheitsverhältnis ergibt. Rösler gibt deshalb die "taktische Empfehlung, bei Vorschlägen, die man nicht will auf jeden Fall ,Nein' anzukreuzen".
Wird ein Vorschlag weder mit "Ja" noch mit "Nein" angekreuzt ist die Stimme ungültig. Eine nicht genutzte Stimme gelte wie bei der Bundestagswahl, wo ja auch mehrere Stimmen zu vergeben sind, als ungültige Stimme, sagt Rösler. Beim Volksentscheid ist das von besonderer Bedeutung. Denn ein Vorschlag braucht, um sich durchzusetzen, nicht nur mehr Stimmen als der Gegenvorschlag sondern eine absolute Mindestzahl an "Ja"-Stimmen. Wird dieses Quorum - beim Volksentscheid rund 290.000 Stimmen - nicht erreicht, scheitert der Vorschlag.
Die Fragen bei Volks- und Bürgerentscheiden haben in jüngster Zeit Anlass zu Kritik gegeben. Moniert wurde das Fehlen einer Alternative, wie beim Bürgerentscheid zur Ikea-Filiale beim Altonaer Bahnhof. Formulierungen wurden als beschönigend empfunden - ebenfalls beim Ikea-Entscheid - oder als unverständlich, wie beim Bürgerentscheid zum Wohnungsbau im Buchenhofwald in Iserbrook.
Die Isebek-Initiative gegen eine Bebauung am U-Bahnhof Hoheluftbrücke in Eimsbüttel kritisiert wiederum, dass sie ihre Frage formulieren muss, ohne die Gegenfrage der Bezirksversammlung zu kennen. Über ihr Anliegen wird per Bürgerentscheid am 1. Juli abgestimmt.
Die Initiative gegen die Schulreform wehrt sich ebenfalls gegen eine Formulierung: Die Gegenfrage, mit der alle Parteien der Bürgerschaft für die sechsjährige Primarschule werben, ist "für eine bessere Schule" überschrieben. Initiativensprecher Walter Scheuerl bezeichnete das als irreführend und möglicherweise verfassungswidrig.
Die Abstimmungsunterlagen für den Volksentscheid über die Schulreform werden nach Auskunft des Landeswahlamtes ab Ende Mai versandt. Dazu gehören neben dem Stimmzettel kleine Broschüren, in denen die Bürgerschaft und die Initiative "Wir wollen lernen" jeweils ihre Positionen erläutern. 1,2 Millionen HamburgerInnen können den Stimmzettel entweder zu Hause ausfüllen und gleich zurückschicken oder am 18. Juli in einem Abstimmungslokal abgeben.
Der Abstimmungszettel für den Volksentscheid ermöglicht ein paradoxes Verhalten.
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