Schulpolitik: CDU uneins über das Turbo-Abi
Trotz Widerstands in den eigenen Reihen halten CDU und FDP in Niedersachsen am zwölfjährigen Abitur für Gesamtschulen fest. Eltern, Lehrer und Schüler protestieren am Samstag.
SCHULPOLITIK Trotz Widerstands in den eigenen Reihen halten CDU und FDP in Niedersachsen am zwölfjährigen Abitur für Gesamtschulen fest. Eltern, Lehrer und Schüler protestieren am Samstag
Als Ursula Körtner Anfang der Woche ihr Amt niederlegte, tat sie das ohne offizielle Begründung. Aber schulpolitische Sprecherin der CDU im niedersächsischen Landtag, das dürfte in dieser Zeit keine sonderlich attraktive Position sein: Auf der einen Seite stehen Ministerpräsident Christian Wulff und Bildungsministerin Elisabeth Heister-Neumann (beide CDU), die den Gesamtschulen das Abitur nach zwölf Jahren aufzwingen wollen. Das passende Gesetz brachten sie am Dienstag ins Parlament ein. Auf der anderen Seite gibt es Druck der eigenen Basis: Der CDU-Kreisverband Hannover stellt sich in dieser Sache öffentlich gegen die Turbo-Pläne.
"Wulff scheint nicht zu merken, dass er die gesellschaftliche Mehrheit für diese Schulpolitik verliert", sagte GEW-Landeschef Eberhard Brandt. Der Landesschülerrat attestiert der schwarz-gelben Koalition einen "Realitätsverlust". Die Turbo-Kritiker befürchten, dass das schnelle Abitur die integrative Pädagogik kaputt macht: Die CDU hat ein Modell konstruiert, mit dem an Gesamtschulen das Abitur sowohl nach zwölf als auch nach 13 Jahren möglich ist. Dafür sollen in den Fächern Deutsch, Mathe, Englisch sowie Naturwissenschaften die Kinder je nach Leistung in drei Kurse aufgeteilt werden: A-Kurse für potentielle Hauptschüler, B-Kurse für potentielle Realschüler und Z-Kurse für die schnellen Lerner, die schon mit der 10. Klasse in die Oberstufe eintreten und nach 12 Jahren das Abitur ablegen.
"Damit ist der Kern der Gesamtschule tot", sagt Eberhard Brandt. Der Trend an Gesamtschulen gehe dahin, auf ein Kurssystem ganz zu verzichten zugunsten einer "klasseninternen Differenzierung". Das habe den Vorteil, "dass der Schüler im Prinzip immer mit den höchsten Anforderungen konfrontiert wird". Durch die Z-Kurse würden aber potentielle Gymnasialschüler aus dem Unterricht abgezogen. Zudem seien viele Gemeinden gegen dieses neue Kurs-Modell, weil es mit geringen Schülerzahlen nicht zu organisieren sei. "Wir setzen darauf", sagt Brandt, "dass dieses Gesetz kippt".
Zusammen mit etlichen anderen Organisationen rufen GEW und Landesschülerrat für Samstag ab 12 Uhr zu einer Demonstration auf dem Opernplatz in Hannover auf. Dort sprechen will unter anderen auch Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD).
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