Schulmassaker von Uvalde in Texas: „Klägliches Versagen“
Im US-Bundesstaat Texas ist ein örtlicher Polizeichef gefeuert worden. Er war vor drei Monaten für den Einsatz beim Schulmassaker von Uvalde verantwortlich.
Ein mit einem Sturmgewehr bewaffneter 18-Jähriger hatte bei der Attacke auf die Grundschule Robb Elementary School 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen. Einsatzkräfte brauchten mehr als 70 Minuten, um den Täter auszuschalten, obwohl hunderte Polizisten zu der Schule geeilt waren. Bilder einer Überwachungskamera zeigen, dass Polizisten sich fast eineinviertel Stunden lang im Schulflur aufhielten, bevor sie den 18-Jährigen in einem Klassenzimmer erschossen.
Rund einen Monat nach dem Blutbad warf der Chef der texanischen Sicherheitsbehörden, Steven McCraw, den Polizisten vor Ort „klägliches Versagen“ vor. Einsatzleiter Arredondo habe „schrecklichen Entscheidungen“ getroffen und das Leben der Beamten über das Leben der Kinder gestellt.
Ein Mitte Juli veröffentlichter Bericht des texanischen Parlaments kritisierte ein“zögerliches“ Vorgehen der Polizei und warf Arredondo vor, seine Verantwortung als Einsatzleiter nicht wahrgenommen zu haben. Am Ort des Massakers habe „niemand sichtbar den Einsatz der Sicherheitskräfte geleitet“.
Der Polizeichef sieht sich als Opfer von „Lynchjustiz“
Arredondo habe allerdings auch deswegen analytische Fehler begangen, weil er nicht über alle notwendigen Informationen verfügt habe. US-Polizisten werden eigentlich darin ausgebildet, bei Schulmassakern den Angreifer so schnell wie möglich auszuschalten, um weitere Opfer zu verhindern.
Vor der Sitzung des Schulvorstands ließ Arredondo über seinen Anwalt George Hyde eine Erklärung verbreiten. Arredondo sei Opfer einer „illegalen und verfassungswidrigen öffentlichen Lynchjustiz“. Der Schulbezirk-Polizeichef sei ein „mutiger Beamter“, der „für die geretteten Leben gefeiert“ werden und nicht wegen jenen „verteufelt werden sollte, die er nicht rechtzeitig erreichen“ konnte, hieß es im Schreiben.
Arredondo rechtfertigte zudem sein Fernbleiben von der Sitzung. Er sorge sich um seine Sicherheit. Der Schulbezirk habe ihm aber nicht erlaubt, bewaffnet zum Treffen zu erscheinen, hieß es in seinem Brief.
Seit Ende Juni war Arredondo beurlaubt. Er ist der erste Beamte, der nach dem viel kritisierten Polizeieinsatz gefeuert worden ist. Ein weiterer ranghoher Beamter, Mariano Pargas, ist beurlaubt worden. Er war am Tag der Bluttat geschäftsführender Polizeichef von Uvalde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin