Schulen in Coronapandemie: Was wir wissen müssten
Wegen der Delta-Variante könnten die Schulen im Herbst wieder dichtmachen. Dabei wäre genau das vermeidbar.
Werden Schulen im Herbst wieder pandemiebedingt geschlossen? Foto: Michael Weber/imago
Die Schulen sollen im kommenden Schuljahr offen bleiben, sichern Kultusminister*innen und Bildungssenator*innen jetzt zu. Klar, doch. Schon jetzt kann man darauf wetten, dass es anders kommen wird, und einige Bundesländer dann doch wieder die Schultüren zusperren werden – sobald die sich rasch ausbreitende ansteckende Delta-Variante des Corona-Virus im Herbst die Infektionsraten exponentiell ansteigen lässt.
Das Erschütternde daran wird nicht sein, dass jedes Bundesland wieder einmal seinen eigenen Stiefel durchziehen wird. Sondern, dass keins seine Entscheidung solide begründen kann.
Denn noch gibt es keinen systematischen Vergleich der Länder-Strategien im letzten Lockdown, eine Metastudie ist noch in Arbeit. Verfügbar sind dafür Zahlenreihen, die die Kultusministerkonferenz seit November veröffentlicht. Dort steht, wie hoch der Anteil der infizierten Schüler*innen in den Bundesländern jeweils ist. Ablesen lässt sich daraus: In Ländern, die ihre Schulen fast durchgängig und mit wenig Einschränkungen geöffnet hatten, waren die Infektionsraten nicht zwangsläufig höher als in Ländern, in denen nur einzelne Klassen für wenige Wochenstunden in die Schulen durften.
Das zeigt das Beispiel Bremen. Als im Dezember in mehreren Bundesländern Schulen schlossen, hob Bremen lediglich die Präsenzpflicht auf. Alle Klassenstufen hatten im zweiten Lockdown mindestens Wechselunterricht, während etwa in Hamburg manche Jahrgänge über Monate zu Hause bleiben mussten. Besonders viel Zeit in der Schule verbrachten in Bremen die Grundschulkinder: Sie waren keine drei Wochen im Wechselunterricht.
Das begründete Bremen nicht mit niedrigen Inzidenzwerten, die waren teilweise überdurchschnittlich hoch. Vielmehr sollte nicht nur das Infektionsrisiko betrachtet werden, sondern auch Gefahren für Leib und Seele, die das Zuhausebleiben mit sich brachte wie psychische Erkrankungen, mangelnde Bewegung und Unterernährung.
Aber ob Bremen nur einfach unverschämtes Glück hatte? Und ob es den Bremer Kindern im Durchschnitt besser ging als in Berlin oder Bayern? Man weiß es nicht. Das aber sollte man wissen. Die Pandemie dauert an. Ab sofort müssen unterschiedliche Vorgehensweisen in Schulen auch in Hinblick auf die Folgen für die Betroffenen untersucht werden.
Schulen in Coronapandemie: Was wir wissen müssten
Wegen der Delta-Variante könnten die Schulen im Herbst wieder dichtmachen. Dabei wäre genau das vermeidbar.
Werden Schulen im Herbst wieder pandemiebedingt geschlossen? Foto: Michael Weber/imago
Die Schulen sollen im kommenden Schuljahr offen bleiben, sichern Kultusminister*innen und Bildungssenator*innen jetzt zu. Klar, doch. Schon jetzt kann man darauf wetten, dass es anders kommen wird, und einige Bundesländer dann doch wieder die Schultüren zusperren werden – sobald die sich rasch ausbreitende ansteckende Delta-Variante des Corona-Virus im Herbst die Infektionsraten exponentiell ansteigen lässt.
Das Erschütternde daran wird nicht sein, dass jedes Bundesland wieder einmal seinen eigenen Stiefel durchziehen wird. Sondern, dass keins seine Entscheidung solide begründen kann.
Denn noch gibt es keinen systematischen Vergleich der Länder-Strategien im letzten Lockdown, eine Metastudie ist noch in Arbeit. Verfügbar sind dafür Zahlenreihen, die die Kultusministerkonferenz seit November veröffentlicht. Dort steht, wie hoch der Anteil der infizierten Schüler*innen in den Bundesländern jeweils ist. Ablesen lässt sich daraus: In Ländern, die ihre Schulen fast durchgängig und mit wenig Einschränkungen geöffnet hatten, waren die Infektionsraten nicht zwangsläufig höher als in Ländern, in denen nur einzelne Klassen für wenige Wochenstunden in die Schulen durften.
Das zeigt das Beispiel Bremen. Als im Dezember in mehreren Bundesländern Schulen schlossen, hob Bremen lediglich die Präsenzpflicht auf. Alle Klassenstufen hatten im zweiten Lockdown mindestens Wechselunterricht, während etwa in Hamburg manche Jahrgänge über Monate zu Hause bleiben mussten. Besonders viel Zeit in der Schule verbrachten in Bremen die Grundschulkinder: Sie waren keine drei Wochen im Wechselunterricht.
Das begründete Bremen nicht mit niedrigen Inzidenzwerten, die waren teilweise überdurchschnittlich hoch. Vielmehr sollte nicht nur das Infektionsrisiko betrachtet werden, sondern auch Gefahren für Leib und Seele, die das Zuhausebleiben mit sich brachte wie psychische Erkrankungen, mangelnde Bewegung und Unterernährung.
Aber ob Bremen nur einfach unverschämtes Glück hatte? Und ob es den Bremer Kindern im Durchschnitt besser ging als in Berlin oder Bayern? Man weiß es nicht. Das aber sollte man wissen. Die Pandemie dauert an. Ab sofort müssen unterschiedliche Vorgehensweisen in Schulen auch in Hinblick auf die Folgen für die Betroffenen untersucht werden.
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Schule und Corona
Kommentar von
Eiken Bruhn
Redakteurin
Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.
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