Schulen & Kitas in Bremen: Grüne Haushaltsgrätsche
Weil plötzlich so viele Kinder da sind, muss der Ausbau von Schulen und Kitas schnell vorangehen. Die Grünen haben da mal was vorbereitet
BREMEN | taz Mitten in die gerade stattfindenden Haushaltsberatungen des Senats grätschen die Grünen mit einem Fraktionsbeschluss: Unter dem Titel „Beschleunigung des allgemeinen Ausbaus von Kitas und Schulen“ fordert die Bürgerschaftsfraktion – einstimmig, übrigens – mehr Geld für Neubauten, Sanierungen und Personalaufstockungen gerade an Schulen in sozial schwierigen Stadtteilen.
Das Konzept sieht einen Maßnahmenkatalog vor, wie dem durch mehr Geburten und dem Zuzug von Geflüchteten gestiegenen Kinderaufkommen wirksam begegnet werden soll: Es sei nicht mehr tragbar, so der grüne Bildungspolitiker Matthias Güldner, dass Planungen für Neu- oder Umbauten an Schulen sechs bis sieben Jahre dauerten. Verantwortlich macht er dafür die Einsparungen der vergangenen Jahre: Weil jahrelang überhaupt keine Schulen und Kitas gebaut worden sind, wurde das mit den Planungen betraute Personal etwa im Bildungsressort und bei Immobilien Bremen zurückgefahren. Das müsse nun wieder aufgestockt werden, um das Tempo der Umsetzung zu erhöhen.
Ein weiteres unterfinanziertes Problemfeld ist die Inklusion: Gerade in sozial schwierigen Stadtteilen sei ein deutlicher Fachkräftemangel zu spüren, sowohl beim Lehrpersonal als auch in der Schulsozialarbeit. Um die benötigten Fachkräfte anzulocken, sieht der Beschluss der Grünen-Fraktion eine Verringerung der wöchentlichen Lehrverpflichtung um zwei Stunden an jenen Schulen vor, die besonders schlechte Bedingungen aufweisen. Damit soll zum einen „die Attraktivität des Arbeitsplatzes erhöht“ werden und zum anderen Zeit für die anfallenden außerunterrichtlichen Aktivitäten wie etwa Fallkonferenzen geschaffen werden. Zudem müssten mehr Schulsozialarbeiter, im bildungspolitischen Fachjargon „Nupsis“ (nicht unterrichtendes Lehrpersonal) genannt, eingestellt werden.
Dem Fachkräftemangel bei ErzieherInnen soll durch eine Reform der Ausbildung begegnet werden: Künftig, so die Idee der Grünen, solle die bisherige kostenpflichtige Ausbildung an Fachschulen durch eine duale Ausbildung ersetzt werden. Die angehenden ErzieherInnen verbringen dann einen Teil ihrer Ausbildung im jeweiligen Betrieb – und stehen so als günstige Arbeitskräfte schon vor dem Abschluss zur Verfügung.
Das alles und noch einiges mehr soll nun nach dem Willen der Grünen bereits in den Haushalt 2018/19 eingestellt werden. Denn: „Wir haben keine Zeit, weiter zu warten“ – etwa bis ab dem Jahr 2020 mehr Geld aus dem Länderfinanzausgleich fließe. Dann sei es bereits zu spät. Das sei auch der Grund, warum vom bisherigen Procedere, zunächst einmal die Senatsverhandlungen abzuwarten und sich nicht schon währenddessen mit Finanzierungswünschen einzumischen, abgewichen worden sei. Die übliche Reihenfolge sieht vor, dass der Senat einen Haushaltsplan erstellt, der dann parlamentarisch beraten wird. Im Rahmen dessen können die Fraktionen über Anträge Einfluss nehmen.
Dass die Grünen jetzt mit diesem Maßnahmenkatalog in die Senatsverhandlungen platzen, liegt wohl auch an der Höhe der geschätzten Kosten: „Sicher nicht unter zehn Millionen pro Jahr“ werde die Umsetzung der Maßnahmen kosten, sagt Güldner, und: „Es könnte auch deutlich mehr sein.“ Wie viel die grünen Vorschläge am Ende wirklich kosten, „können die Fachressorts genau berechnen“. Woher das Geld kommen soll, ist noch nicht klar. Laut Güldner müsste in dem 5,3-Milliarden-Haushalt aber irgendwo noch eine Verhandlungsmasse zu finden sein: „Wie er das durch Hin- und Herschieben hinkriegen will, muss der Senat sehen.“
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