Schuldenkrise in Europa: Banken bangen um Milliarden
Irland steht mit 138 Milliarden Dollar bei deutschen Finanzinstituten in der Kreide. Hinzu kommen Kredite in anderen Staaten. Eine Pleite würde das Finanzwesen hart treffen.
Die Finanzmärkte kennen nur noch ein Thema: die europäischen Pleitekandidaten Irland, Griechenland, Portugal und Spanien. Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen aus diesen Ländern legten zu Wochenbeginn wieder zu. Die Wette läuft: Wird auch Irland Geld aus dem Euro-Krisenfonds beantragen? Die Antwort lautet: nein. Irland wird keine Finanzhilfen von der EU beantragen. Das bekräftigte Ministerpräsident Brian Cowen am Dienstag in Dublin.
Die Lage in Irland scheint so prekär, weil das Land einen EU-Rekord aufstellt: Das Haushaltsdefizit beträgt in diesem Jahr 32 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Denn die Regierung in Dublin muss die heimischen Kreditinstitute stützen, die sich vor allem mit Hypotheken und Gewerbeimmobilien verspekuliert hatten. Die Bankenrettung dürfte rund 50 Milliarden Euro kosten.
Die Schuldenkrise Irlands stand daher auf der Tagesordnung der Eurofinanzminister, die sich am Dienstagabend in Brüssel trafen. Am Mittwoch kommt dann der Ecofin zusammen, dem alle EU-Finanzminister angehören.
Bisher hat Irland es abgelehnt, Hilfen aus dem Euro-Krisenfonds EFSF anzunehmen, der bis zu 750 Milliarden Euro mobilisieren kann. Die Regierung in Dublin fürchtet die harten Auflagen und die strikte Kontrolle, die die europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds (IWF) dann ausüben würden.
Zudem ist Irland nicht unmittelbar auf Hilfe angewiesen: Bis Mitte 2011 reicht das geliehene Geld. Bis dahin hofft Irland, dass es seine Exporte ankurbeln und eine Pleite noch abwenden kann. Dieser Optimismus wird jedoch von vielen Experten nicht geteilt. So steht für den New Yorker Wirtschaftsprofessor Nouriel Roubini fest, dass Irland sich unumkehrbar auf dem "Weg zur teilweisen oder vollständigen Insolvenz" befindet - genauso wie Griechenland.
Auch die Athener Regierung erschreckt mit neuen schlechten Zahlen. So wurde nun offiziell bestätigt, dass das Defizit 2009 bei 15,4 Prozent des BIP lag. 2010 wird das Haushaltsloch noch immer 9,4 statt der prognostizierten 7,8 Prozent erreichen.
Eine Pleite Irlands würde das deutsche Finanzwesen hart treffen. Insgesamt haben die hiesigen Banken Kredite in Höhe von 138 Milliarden Dollar an irische Schuldner vergeben. Dabei ging nur ein Bruchteil dieser Darlehen an den irischen Staat. Der größte Teil der Forderungen besteht gegenüber irischen Banken, oder aber es handelt sich um Wertpapiere, mit denen irische Hypothekarkredite verbrieft wurden.
Mit ihren Außenständen von 138 Milliarden Dollar belegen die deutschen Banken den zweiten Platz in der Rangfolge der Gläubiger Irlands: Noch stärker sind die britischen Institute engagiert, die den Iren 148,5 Milliarden Dollar geliehen haben.
Rechnet man auch die Forderungen hinzu, die gegenüber Griechenland, Portugal und Spanien bestehen, dann belaufen sich die deutschen Außenstände sogar auf fast 400 Milliarden Dollar. Allein nach Spanien haben die deutschen Banken Kredite in Höhe von 181 Milliarden Dollar vergeben.
Nun ist es ja nicht völlig neu, dass Irland, Portugal, Spanien und Griechenland hohe Defizite aufweisen. Warum also steigen die Risikoaufschläge ausgerechnet jetzt? Zumindest für Griechenlands Premier Giorgos Papandreou steht fest, dass Angela Merkel nicht unschuldig ist. Die Kanzlerin hat gefordert, dass ab 2013 auch die privaten Gläubiger - und nicht nur die Steuerzahler - haften müssen, wenn ein Euro-Staat seine Schulden nicht mehr bedienen kann. Dieses neue Risiko für die Privatgläubiger spiegelt sich nun in den Aufschlägen, mit denen die Staatsanleihen der Pleitekandidaten gehandelt werden.
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