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Schulbesuche der BundeswehrOffiziere dürfen weiter in die Schulen

Ein Beschluss der Berliner SPD hat eine Debatte über Schulbesuche von Bundeswehr-Offizieren ausgelöst. Die Länder wollen an der bisherigen Praxis nichts ändern.

Die Bundeswehr darf in die Schulen – eine Karriereberatung findet aber außerhalb des Schulunterrichts statt Foto: imago-images/localpic

Frankfurt/Main epd | In den deutschen Bundesländern sollen Jugendoffiziere der Bundeswehr auch künftig an Schulen sprechen. Das ergab eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den 16 Ländern. Einige Landesregierungen wie die in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg erklärten ausdrücklich, es gebe keinen Anlass, etwas an der bisherigen Praxis zu ändern. Vonseiten der Bundeswehr lautet ihr Auftrag, über „die zur Friedenssicherung möglichen und notwendigen Instrumente der Politik zu informieren“, wie es in der Antwort des Bildungsministeriums von Mecklenburg-Vorpommern heißt.

Die Bundeswehr hat mit verschiedenen Bundesländern weitgehend gleichlautende Kooperationsvereinbarungen geschlossen, in denen die Schulbesuche von Jugendoffizieren geregelt sind. Das Land Nordrhein-Westfalen habe als erstes Bundesland im Jahr 2008 eine solche Vereinbarung getroffen, teilte das dortige Bildungsministerium mit. Auch Hessen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern berufen sich auf einen solchen Vertrag.

Demnach kommen Jugendoffiziere nur auf Einladung der jeweiligen Schule in den Unterricht. „Die Bundeswehr ist ein wichtiger Partner der politischen Bildung in unseren Schulen“, sagte die baden-württembergische Bildungsministerin Susanne Eisenmann (CDU). „Jugendoffiziere sind als Experten und Referenten für Fragen der Sicherheitspolitik im Rahmen der Politischen Bildung tätig“, teilt das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit.

Werbung für eine Tätigkeit ist demnach untersagt, eine Karriereberatung bleibt speziell damit beauftragten Offizieren überlassen und findet außerhalb des Schulunterrichts statt. Auch Länder, die keine solchen Vereinbarungen getroffen haben, gehen nach ähnlichen Prinzipien vor, wie die Umfrage ergab.

Kontroverse Themen auch im Unterricht kontrovers abbilden

Die meisten Bildungsministerien verweisen auf den „Beutelsbacher Konsens“. Er legt die Grundsätze der politischen Bildung in Deutschland fest und besagt unter anderem, dass ein Thema, das in der Öffentlichkeit kontrovers ist, auch im Unterricht kontrovers abgebildet werden muss. Schulen sind aufgefordert, nicht nur Bundeswehr-Offiziere in den Unterricht einzuladen, sondern auch Vertreter von politischen Organisationen, die über Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung informieren.

Dazu rät auch der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger. „Es ist problematisch nur Vertretern der Bundeswehr eine Bühne zu geben. Aber es ist politische Bildung im besten Sinne, eine kontroverse Debatte mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Positionen zu organisieren“, sagte er auf Anfrage des epd.

Ein Beschluss der Berliner SPD hatte deutschlandweit eine Debatte über Schulbesuche von Bundeswehr-Offizieren ausgelöst. Bei einem Parteitag Ende März hatte sie den Beschluss gefasst, das Schulgesetz um folgenden Satz zu erweitern: „Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben.“ Der Gesetzesänderung müssten Grüne und Linkspartei zustimmen, mit denen die SPD in Berlin regiert. Doch eine Werbung für Bundeswehr-Tätigkeiten ist Jugendoffizieren bei Schulbesuchen in Berlin schon jetzt nicht erlaubt.

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11 Kommentare

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  • Die Bundeswehr ist doch harmlos. Da kann ich auch Spongebob gucken, um zum Soldaten ausgebildet zu werden. Also bitte, kommt in die Schulen, holt euch die jungen Leute, bildet sie zivilberuflich aus, lasst sie studieren. Alles bestens. Soldaten werden die bei euch eh nicht.

  • Ist zwar nur ne Kleinigkeit aber die stehen auf dem Bild eben nicht stramm, sondern Hände hinter dem Rücken.Der Bildkommentar macht gar keinen guten Eindruck was das Erkennen der Realität betrifft..

  • Dass die Bundeswehr keine Werbung an Schulen machen darf, ist ein Unding. Für Schülerinnen und Schüler kann die Bundeswehr eine Menge bieten, und damit meine ich nicht den Wehrdienst oder die militärische Laufbahn, sondern das, was damit verknüpft ist. Fast jeden Beruf kann man beim Bund erlernen, fast jedes Fach studieren - und dabei ist man nicht einmal auf einen NC angewiesen, d.h. ein Medizinstudium ist plötzlich auch für 3.0er-Abiturienten in greifbarer Nähe.

    Andererseits ist die Bundeswehr auch selbst an ihrer Misere schuld. Wer auch immer in deren PR-Abteilung sitzt, gehört gefeuert oder degradiert. Die Jugend ist nicht so blöd zu glauben, dass das Bundeswehrleben ein RL-Multipayershooter ist. Die meisten ahnen schon, dass hier harte Arbeit gefordert wird und die meiste Zeit im Dienst, vor allem im Ausland, eine ziemliche (und vor allem undankbare, wie man beim Kommentar v. Reinhardt Gutsche sieht) Drecksarbeit ist. Würde die Bundeswehr mit dem werben, was wirklich attraktiv ist ("Hey, seht uns an, wir bieten zig verschiedene Ausbildungsberufe und Studienfächer!"), könnte man auch mehr Menschen erreichen.

  • "Soldaten sind..."

    Vielleicht sollte man Wolf Biermann zu den BW-Werbeveranstaltungen an die Schulen einladen. Seine diesbezügliche Expertise hat er sehr treffend vor genau 31 Jahren in einem Satz zusammengefaßt: „Soldaten...(sind) Mörder mit staatlichem Diplom“ („Das Ende einer Feigheit“, in: „Die Zeit“, 1. 4. 1988)

    • @Reinhardt Gutsche:

      Schön ist natürlich, wenn man Aussagen von Personen nur selektiv heranzieht um die eigene Position zu untermauern. Nach dieser Aussage hat Biermann aber noch ganz andere Dinge zu Militäraktionenen erzählt und sogar Angriffskriege befürwortet.

      "Die Logik solcher Überlegungen zwingt zur Konsequenz eines Krieges der demokratischen Welt gegen den Machthaber in Bagdad."

      www.tagesspiegel.d...ussein/300336.html

      • @Sven Günther:

        Berechtigter Einwand. Als SchülerIn würde ich mich sowohl dem Besuch der BW als auch einem Besuch von Biermann verweigern ...und wohl eher den Klassiker zitieren: de.wikipedia.org/w...ldaten_sind_Mörder

      • @Sven Günther:

        So ist eben die deutsche Menataltität, sich immer mit dem Wind drehen, gerade wie man´s braucht. Da ist das Bild doch dann wieder sehr aussagefähig Hände auf dem Rücken, "Ich wars Nicht"! Ich bin nicht Schuld!

    • @Reinhardt Gutsche:

      gute Idee - und Schüler, die mit einem BW-Besuch nichts zu tun haben wollen, sollten diesem "Unterricht" fernbleiben und/oder dagegen demonstrieren dürfen

  • Wie kommt man überhaupt auf die Idee, die eigenen Streitkräfte aus Schulen zu verbannen. Soll in Zukunft die Landesverteidigung über Lichterketten und Absingen von "We shall overcome" organisiert werden?

    • @Zven:

      Und wie kommt man dazu, das Ende der Bonner Republik zu verpennen? "Landesverteidigung" ist sowas von out, fragen Sie mal einen Werbeoffizier. Längst werden "Interessen" verteidigt und das nennt man dann auch so.

      Kann und soll ruhig jedeR wissen, "daß im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege,..."(H.Köhler)

      Nur so wird wirklich deutlich, welche Summe von Dienstleistungen die Truppe heutzutage bietet.

      • @Walter Sobchak:

        Ja klar, wir brauchen keine Soldaten mehr, wir leben in einer friedlichen Welt, wir müssen und nicht verteidigen. Wenn irgendwo in der Welt Völkermord begangen wird, erklären wir uns solidarisch - und unternehmen einfach mal nichts. Soldaten sind ja sowieso alles Mörder.