Schulbeginn und Corona: Noch ein Corona-Schuljahr
In drei Bundesländern geht die Schule wieder los – und die Debatte um Corona-Vorsorgemaßnahmen. Die Impfung ab 12 steht oben auf der Agenda.
In manchen Bundesländern haben die Ferien kaum angefangen, da geht in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg die Schule schon wieder los. Berlin und Brandenburg folgen in der kommenden Woche. In Zeiten wieder steigender Inzidenzen steht der Start allerdings im Zeichen der Frage: Wie gut sind die Schulen auf eine vierte Coronawelle vorbereitet?
Beim Umgang mit Inzidenzwerten haben die Bildungsminister:innen bislang eine gewisse Pragmatik erkennen lassen. Bremen beispielsweise hat im vergangenen Schuljahr seine Schulen nie komplett geschlossen. In Thüringen und Sachsen-Anhalt war Unterricht teils auch bei Inzidenzwerten um die 200 möglich – bis die Bundesnotbremse kam. Dass das Schuljahr möglichst durchgehend in Präsenz stattfinden soll, betonen die Minister:innen seit Wochen.
Sabrina Wetzel aus dem Vorstand des Bundeselternrats ist sich da nicht so sicher: „Es wird absehbar auch im neuen Schuljahr wieder zu Wechsel- und Distanzunterricht kommen.“ Die dafür notwendige Digitalisierung der Schulen sei aber längst nicht so weit, wie sie sein sollte, sagt die Elternvertreterin.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, betont: „Wir werden mit weiter steigenden Infektionszahlen rechnen müssen und werden deshalb auch noch über Monate hinweg Sicherheitsvorkehrungen brauchen.“
Maskenpflicht für zwei Wochen
Die drei ersten Bundesländer starten nun jedenfalls mit Präsenzunterricht, auch wenn die Präsenzpflicht in Hamburg vorerst ausgesetzt bleibt. Schüler:innen mit erhöhtem gesundheitlichem Risiko oder die sich nicht testen lassen wollen, können weiterhin zu Hause lernen.
Auch wegen der Reiserückkehrer:innen gilt je nach Bundesland mindestens in den ersten zwei oder drei Wochen Maskenpflicht in Innenräumen. In Mecklenburg-Vorpommern soll sie darüber hinaus nur bestehen bleiben, wenn die landeseigene Warnampel, die sich aus mehreren Werten zum Infektionsgeschehen speist, Orange zeigt.
Wer nicht vollständig geimpft oder genesen ist, muss sich zudem weiter zweimal die Woche testen lassen, bei Schüler:innen in Hessen sollen es dreimal die Woche werden. Niedersachsen erwägt gar tägliche Tests. Nur Thüringen plant das neue Schuljahr bisher ohne Testpflicht.
Lehrervertreter Meidinger würde sich Schnelltests ebenfalls jeden Tag wünschen, mindestens aber dreimal pro Woche. Elternvertreterin Wetzel mahnt, Tests müssten an den Schulen außerhalb der Unterrichtszeit durchgeführt werden. „So etwas frisst sonst jedes Mal eine Unterrichtsstunde.“
Einige Länder wie Bayern, Hamburg oder Bremen wollen in den kommenden Wochen und Monaten außerdem noch alle Klassenzimmer mit mobilen Luftfiltern ausrüsten. Deren Nutzen wird von Expert:innen allerdings angezweifelt, gutes Lüften wird also an der Tagesordnung bleiben.
Mobile Impfkampagnen
Pünktlich zu den ersten Schulstarts entbrennt auch wieder die Debatte über die Impfung von Kindern und Jugendlichen. Das Vakzin des Herstellers Biontech/Pfizer ist in der EU zwar ab 12 Jahren zugelassen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Impfung aber aufgrund der noch dünnen Datenlage zur Impfsicherheit vorerst nur Kindern mit Risikofaktoren. Nach entsprechender Aufklärung können aber auch alle anderen Kinder und Jugendlichen ab 12 geimpft werden. Einem Bericht der Bild am Sonntag zufolge wollen die Bundesgesundheitsminister:innen in der Gesundheitsministerkonferenz am Montag entgegen der Stiko-Entscheidung eine allgemeine Empfehlung beschließen.
Die Bildungsminister:innen sind sich indes einig, dass sie den Schüler:innen das Impfen leichter machen wollen. In Mecklenburg-Vorpommern soll es schon in der zweiten Schulwoche für 16- und 17-Jährige mit mobilen Impfungen losgehen. Schleswig-Holstein plant den Einsatz mobiler Impfteams ab 19. August an 250 Schulstandorten für alle impfwilligen Schüler:innen ab 12 Jahren. In Hamburg sind mobile Impfangebote zunächst nur für Berufsschüler:innen vorgesehen. (mit dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen