Schul- und Lehrermangel in Syrien: Große Pläne, keine Ressourcen
Im syrischen Idlib fehlt es Schülern an allem: heilen Gebäuden, Lehrkräften – für deren Bezahlung kein Geld da ist. Die Analphabetenrate steigt.
So wie Abdu geht es vielen Jugendlichen in Syrien, vor allem in den Gebieten in und um die Stadt Idlib, dem letzten Rebellengebiet und neuer Heimat vieler Binnengeflüchteter. Es wird vor allem von der militanten Islamistengruppe Hai’at Tahrir asch-Scham kontrolliert.
Der Krieg hat viele verarmen lassen: Kinder müssen zum Lebensunterhalt beitragen. Der Anstieg der Rohstoffpreise und die schlechte Wirtschaftslage verschlimmern die Situation. Viele Kinder kommen überhaupt nicht mehr zur Schule.
„Die Analphabetenrate hat zugenommen“, sagt Mahmoud Basha, Direktor der freien Bildungsdirektion von Idlib. „Wir betonen immer wieder, wie wichtig Bildung ist. Wir versuchen, das Bewusstsein der Leute dafür zu schärfen, aber gegen Inflation und die hohen Kosten können wir nichts tun.“
Immer wieder streiken Schulleitende und Lehrkräfte
Selbst wenn Kinder zur Schule gehen dürfen, bedeutet das nicht, dass sie auch einen Schulplatz bekommen. Es mangelt an allem. „Wir haben große Pläne, aber aufgrund unseres geringen Budgets können wir mit dem Bedarf nicht Schritt halten“, so Basha.
Mehr als ein Drittel der Schulen, die der Bildungsdirektion unterstellt sind, können den Unterricht für das gesamte Schuljahr nur durch ehrenamtliches Engagement abdecken. Die Gehälter der Lehrenden sind im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten extrem niedrig.
Immer wieder streiken Schulleitende und Lehrkräfte: Ohne Gehalt keine Arbeit. Manche unterrichten bereits seit 2018 vor allem ehrenamtlich.
So wie Ibrahim Hallak. Bis 2014 war er nach seinem Studium an der Universität von Aleppo als Mathematiklehrer tätig. Die Situation sei „erbärmlich“, sagt er. „Alle Lehrer, mich eingeschlossen, beschweren sich über die Situation. Wir unterrichten alle umsonst und wissen nicht, wie wir so unseren Lebensunterhalt verdienen sollen. Wenn wir Glück haben, bekommen wir Spenden.“ Er erhalte so monatlich etwa 200 bis 300 türkische Lira – in Idlib seit 2020 die genutzte Währung. Manchmal bekommt er Zuschüsse von der Bildungsdirektion.
Für viele Familien steht das Überleben im Vordergrund
„Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir das Unterrichten hassen. Wir üben diesen Beruf weiter aus, weil es niemanden gibt, der uns ersetzen könnte. Wenn wir aufhören würden, entstünde ein Vakuum, das sich auf die Schüler auswirken würde. Wir wollen sie nicht ohne Bildung zurücklassen, aber wir könnten bald an einen Punkt kommen, an dem wir unser Brot durch Betteln verdienen“.
Auch er beobachtet, dass für viele Familien das Überleben im Vordergrund steht: „Die Kinder widmen ihrer Bildung wenig oder gar keine Aufmerksamkeit, und ihre Eltern ermutigen sie nicht.“
Schulen, die nahe der Frontlinie liegen, haben oft gar keine finanziellen Mittel. Immer wieder werden sie bombardiert: Am 4. April starben vier Kinder auf dem Schulweg bei einem Angriff des syrischen Regimes im Dorf Ma’arat al-Na’asan nahe der Front. Die Angriffe versetzen die Eltern in Panik, sie haben Angst um ihre Kinder. Die Konsequenz: Sie dürfen nicht mehr zur Schule gehen. Auch für viele Kinder ist die Schule mit dem Krieg verbunden: Sie erinnern sich an stundenlanges Ausharren, daran, wie sie in Deckung gehen, sich vor den Kämpfen verstecken. Viele zerstörte Schulen können außerdem aus Geldmangel nicht repariert werden. Einige werden mittlerweile von Geflüchteten bewohnt.
Derzeit gibt es keinen Unterricht – in Syrien sind Sommerferien. Hoffnung, dass sich die Situation danach verbessert, haben die meisten aber nicht.
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