Schottland gegen Italien: Wieder eine "ruhmvolle Niederlage"
Um ein Haar hätten es die Schotten zur Fußball-Europameisterschaft 2008 geschafft, doch im entscheidenden Spiel unterliegen sie Weltmeister Italien zu Hause denkbar knapp.
Ergebnisse:
Schottland - Italien 1:2
Litauen - Ukraine 2:0
Tabelle (Spiele, Tore, Punkte)
1. Italien 11 19:8 26
2. Frankreich 11 23:3 25
3. Schottland 12 21:12 24
4. Ukraine 11 16:14 16
5. Litauen 11 9:13 13
6. Georgien 11 16:17 10
7. Färöer-Inseln 11 3:40 0
Mittwoch, 21.11.2007:
Georgien - Litauen 16.30
Italien - Färöer-Inseln 20.30
Ukraine - Frankreich 20.30
Alles nur noch Freundschaftsspiele...
Am Ende war es wieder eine dieser "ruhmvollen Niederlagen", an denen es in der schottischen Fußballgeschichte nicht mangelt. In letzter Minute erzielte Christian Panucci am Samstag im Hampden Park von Glasgow nach einem Freistoß den 2:1-Siegtreffer für Italien, das sich dadurch neben Frankreich für die EM qualifiziert hat.
Schottlands Trainer Alex McLeish haderte nach dem Spiel mit dem spanischen Schiedsrichter Manuel Gonzales: "Der Freistoß war eine krasse Fehlentscheidung. Ich verstehe nicht, warum er gegen unseren Spieler, der im Ballbesitz war und umgestoßen wurde, einen Freistoß verhängt hat." Es war nicht die einzige Fehlentscheidung des Schiedsrichters, doch von den anderen sprach McLeish lieber nicht. Als Antonio di Natale in der 31. Minute nach einer sehenswerten Parade des schottischen Torwarts Craig Gordon den Ball über die Linie schob, erkannte Gonzales unbegründet auf Abseits. In einer ähnlichen Situation entschied er in der 65. Minute auf Tor für Schottland, obwohl Barry Ferguson im Abseits stand.
Das Spiel begann fatal für das schottische Team, das anfangs noch schläfrig wirkte, was in Anbetracht des Lärms im Stadion verwunderte. Nach einem schnellen Einwurf von Gianluca Zambrotta hatte Luca Toni nach 70 Sekunden den Ball in den Winkel gespitzelt. Es hatte den ganzen Tag in Glasgow geregnet, wodurch der Platz schwer bespielbar war. Dennoch gelang den Schotten, nachdem sie das frühe Gegentor verdaut hatten, streckenweise ein flüssiges Kombinationsspiel. Kurz vor der Halbzeit jubelten sie schon, doch Pirlo klärte David Weirs Kopfball auf der Torlinie. Nach gut einer Stunde war es aber so weit, und wenn James McFadden, der sein Team in der Qualifikation mit seinen Toren mehrmals gerettet hat, neun Minuten vor Schluss nicht aus acht Metern Entfernung am leeren Tor vorbeigeschossen hätte, wäre die Sache anders ausgegangen. Was bleibt, ist der Stolz darauf, in der schwierigen Gruppe mitgehalten zu haben. Als Schottland bei der Auslosung mit Weltmeister Italien, Vizeweltmeister Frankreich und der Ukraine aus dem Lostopf gezogen wurde, begannen die Kommentatoren bereits ihre Nachrufe auf das Team. Niemand rechnete damals damit, dass die Mannschaft zwei Mal gegen Frankreich gewinnen würde.
Auch Gordon Brown, der in Schottland geborene britische Premierminister, der am Samstag im Hampden Park war, fand, dass die Nation stolz auf McLeish und sein Team sein könne. Schottlands Premier Alex Salmond, dessen Partei die Unabhängigkeit von Großbritannien anstrebt, hatte vor dem Spiel versprochen: "Wenn wir Italien am Samstag schlagen, halten wir das Referendum für die schottische Unabhängigkeit am Montag ab."
Der italienische Trainer Roberto Donadoni erklärte die Schotten zum Fair-Play-Vorbild für Italien: "Von ihrem Verhalten auf und abseits des Platzes können wir lernen." Die 51.000 Zuschauer im ausverkauften Stadion - Tickets wurden bei Ebay für mehr als tausend Pfund verkauft - trieben die Spieler mit dem "Hampden-Roar-Getöse" zu einer makellosen kämpferischen Leistung gegen die spielerisch überlegenen Italiener.
Der Einfluss der Zuschauer auf die Leistung der Heimmannschaft ist übrigens wissenschaftlich erwiesen. Sandy Wolfson von der Uni Northumbria hat festgestellt, dass lautstark angefeuerte Spieler 40 bis 67 Prozent mehr Testosteron produzieren. Eine andere Untersuchung hat ergeben, dass nur 46 Prozent der schottischen Fans, die das Spiel im Wirtshaus verfolgen, die Tore mitbekommen. Die anderen 54 Prozent sind entweder auf der Toilette, bestellen an der Bar ein Bier oder rauchen vor der Tür eine Zigarette.
In der Fifa-Rangliste, die allerdings nach dubiosen Kriterien aufgestellt wird, sind die Schotten jetzt auf dem 13. Platz - so hoch wie nie zuvor. Unter Berti Vogts rangierten sie noch hinter Burkina Faso und Syrien an 88. Stelle. Das ist ein schwacher Trost, zumal eine Stunde nach dem Abpfiff, als die meisten Spieler noch in der Kabine weinten, der nächste Schicksalsschlag kam: Israel hatte Russland besiegt, wodurch sich Erzfeind England übermorgen mit einem Unentschieden gegen Kroatien doch noch qualifizieren kann.
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