piwik no script img

Schon zupft's an der Lederhose

■ Respektlose Leverkusener begingen Majestätsbeleidigung: Angstfrei nötigten sie die Bayern beim 1:1 in München zu erhöhter Transpiration und wollen nun Meister werden

München (dpa/taz) - Den Krachern zum Saisonauftakt folgte ein Donnerwetter bei den bayerischen Meistern. Leverkusen hat mit dem 1:1 in München die Jagd auf den deutschen Fußball-Rekordmeister eröffnet und selbst großen Appetit auf den Titel bekommen. Mit neuem Selbstbewußtsein und ohne Respekt gab die Betriebssport-Elf eine starke Figur als Herausforderer ab und jagte dem Titelverteidiger schon zum Punktspielstart großen Schrecken ein.

War wohl nichts mit dem allseits befürchteten Alleingang der Münchner. Bayern-Trainer Jupp Heynckes: „Ich war nie mit der Prognose einverstanden, daß wir schon jetzt Meister sind.“ Verdächtig vorsichtig gab sich auch Leverkusens Trainer Jürgen Gelsdorf: „Ich kann den Titel nicht versprechen.“ Manager Reiner Calmund ließ sich nicht lumpen: „Wir wollen und werden kräftig am Thron der Bayern rütteln.“ Diese Prophezeihung ist so irreal nicht, angesichts solch erfolgserfahrener Spielern wie Jorginho, Thom, Kirsten, Lupescu und Foda. Auch mental sind die Chemie-Kicker gut drauf. Calmund: „Das schönste ist, daß wir sauer sind über das 1:1. Wann hat es das schon einmal gegeben.“

Im recht heißen Olympiastadion wackelten die Münchner bis sieben Minuten vor Spielende, ehe Effenberg mit einem Foulelfmeter Leverkusens 1:0 durch DDR-Kirstens erstes Bundesligator (64.) ausglich und den Bayern eine Woche nach dem Pokal K.o. in Weinhein eine weitere Blamage ersparte. Beim umstrittenen Strafstoß nach Foul von Kree an Wohlfarth bewies der Ex-Mönchengladbacher Nervenstärke, als er sich anstelle des vorgesehenen Schützen Reuter den Ball schnappte. Effenberg: „Ich habe in Mönchengladbach die Elfer geschossen, warum nicht auch bei Bayern?“

Einen Punkt hat Leverkusen verloren, aber nicht den Glauben an den Titel. Bayern dagegen war glücklich. Kapitän Augenthaler, der den vergebenen Chancen in der ersten Halbzeit nachtrauerte, sah sogar einen Fortschritt gegenüber dem Vorjahr, „denn damals haben mit mit 0:1 verloren“. Heynckes grübelte derweil darüber, wieso das „kompakte Bayer -Bollwerk“ nicht zu knacken war. Neuzugang Laudrup, ebenso blaß wie Effenberg und der eingewechselte Sternkopf, bemängelte, „daß zwischen Abwehr und Angriff ein Loch war“. Uli Hoeneß meinte, die Zeit sei zu kurz gewesen, um das nötige Spielverständnis zu finden. Und ging, weil gerade sauer, sogleich auf den Deutschen Fußball-Bund (DFB) los, der den Antrag einer Spielverlegung auf den Abend abgelehnt hatte: „So was kindisches. Bei so einer Hitze kann man doch keine Spitzenleistung zeigen.“

Bayern München: Aumann - Augenthaler - Grahammer (67. Wohlfarth), Kohler, Pflügler - Reuter, Dorfner, Effenberg, Bender (58. Sternkopf) - Mihajlovic, Laudrup.

Leverkusen: Vollborn - Hörster - Alois Reinhardt, Kree Jorginho, Knut Reinhardt, Schreier, Foda, Feinbier (46. Lupescu) - Kirsten (76. Fischer), Thom.

Zuschauer: 42.000

Tore: 0:1 Kirsten (64.), 1:1 Effenberg (83. Foulelfmeter).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen