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Schockemöhle-Geschäft vergiftet Koalitionsklima

■ SPD greift CDU-Geschäftsführer Liepelt wegen Attacken gegen Finanzsenatorin scharf an. Verkauf könnte scheitern, nachdem Grundstückswert auf 10,6 Millionen Mark steigen soll

Der umstrittene Grundstücksverkauf des Stadtgutes Stolpe an den Pferdezüchter Alwin Schockemöhle entwickelt sich zu einer regelrechten Schlammschlacht zwischen den Koalitionsfraktionen. Die SPD attackierte gestern den CDU-Geschäftsführer Volker Liepelt wegen seiner „systematischen Angriffe“ auf Finanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD). Liepelt agiere „wie ein abgerichteter Kampfhund“, sagte Fraktionssprecher Peter Stadtmüller. Im Auftrag der CDU diskreditiere Liepelt ständig die Finanzsenatorin.

Liepelt hatte in der vergangenen Woche behauptet, Fugmann- Heesing habe von dem Grundstücksverkauf gewußt. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Hans-Peter Seitz, warf Liepelt vor, seine Rolle als Vorsitzender des Vermögensausschusses zu mißbrauchen. Er entwickle sich zu einer „wandelnden Giftspritze“ gegen die Senatorin.

CDU-Fraktionssprecher Markus Kauffmann konterte mit der Behauptung, die Akten des strittigen Verkaufs lägen „seit Wochen“ auf dem Schreibtisch von SPD-Finanzstaatssekretär Frank Bielka. Vor diesem Hintergrund erhalte Fugmann-Heesings Forderung nach Beurlaubung von CDU- Staatssekretär Peter Kurth eine neue Dimension. Fugmann-Heesing solle sich heute bei Kurth entschuldigen, forderte Kauffmann.

Die Senatorin hatte letzte Woche erklärt, das Grundstücksgeschäft werfe „erhebliche Fragen“ auf. Intern soll sie beim Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen auf die Abberufung von Kurth gedrängt haben.

Unterdessen ist der Wert des 244 Hektar großen Geländes am Stadtrand Berlins offenbar nach oben korrigiert worden. Das Areal sei nicht 2,2 Millionen wert, sondern 10,6 Millionen Mark, hieß es aus Senatskreisen. Damit würde der Quadratmeterpreis von 90 Pfennig auf 4,34 Mark steigen. Möglicherweise platzt nun der Grundstücksverkauf. Schockemöhles Anwalt Hartmut Fromm erklärte gestern, daß ein so hoher Preis für eine landwirtschaftlich genutzte Fläche nicht in Betracht käme. Schockemöhle will auf dem Areal eine Traberzucht aufbauen.

Finanzsenatorin Fugmann- Heesing wird dem Vermögensausschuß heute Rede und Antwort stehen. Nach Informationen der taz ist der strittige Vertrag von einem Oberamtsrat der Finanzverwaltung unterzeichnet worden, d.h. nicht einmal der zuständige Abteilungsleiter Hans-Joachim Legermann war bei Vertragsabschluß anwesend. Geklärt werden muß auch, wie es zu dem zunächst geringeren Kaufpreis kam. Der Wertermittlungsstelle, die beim Wohnungsbausenator angesiedelt ist, lagen offenbar nur unvollständige Unterlagen aus der Finanzverwaltung vor.

Das SPD-Mitglied im Vermögensausschuß, Hans-Peter Seitz, forderte gestern mehr Transparenz bei Grundstücksverkäufen. Künftig müsse auch der Verkauf von Gewerbeflächen der parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Außerdem müsse das Abgeordnetenhaus nicht nur ab einem Verkaufspreis von zehn Millionen Mark eingeschaltet werden, sondern auch ab einer bestimmte Grundstücksgröße. Dorothee Winden

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