■ Schnittplatz: Wirklich wichtig
Horst Haitzinger illustriert in der Bunten wöchentlich ein aktuelles Thema; er karikiert grob und textet einsilbig. Das Texten ist zwar gar nicht vonnöten, da ja die Eurokuh und der Michel, die Bonzen und Waigel ohnehin schon überaus geradlinig in den Pointenhafen brettern. Nun gibt es sogar ein Buch von ihm, und vorne drauf ist eine Dampf-Lokomotive, die wiederum ist aber eigentlich Bundeskanzler, und tjaha – tatsächlich: „Kohl-Dampf“ heißt das Buch. Kohl und Dampf.
Peter Hahne ist da selbstironischer. Seine wöchentlichen Petitessen aus der Bild am Sonntag, in denen er kritisch, aber humanistisch, oft empört aber nie hoffnungslos Gott begründet und den Menschen die Bahn weist heißen als Buch „Was wirklich wichtig ist“. Wichtig, nicht witzig. Das ist lustig. Womit wir beim Sex wären. In dieser, Zeitung stand mal über Dolly Buster, ihr mehr nasses denn forsches Gebrabbel in „Peep“ klänge, als habe sie einen Schwanz im Mund. Die Leserbriefseite hat man sich daraufhin erstmal eine Woche nicht zu lesen getraut. Frau Busters Auftritt ist kürzer und deshalb konzentrierter. Doch hat im Grunde Dolly Buster in „Peep“ zwar noch etwas weniger an, aber sonst dieselbe Aufgabe wie Verona Feldbusch. Bezahlt wird den Damen, möglichst debil zu gucken (aber willig! und billig!) und dabei sinnfreies nochmal durch geschickt groteske Intonation zu verfremden. Schlüsselworte wie -reize werden so isoliert. Das erregt beide Bildschirmseiten, aber vielleicht tut sie ja auch nur so? Ab 1998 jedenfalls tut sie nicht mehr so. Dabei war es so schön: 5 Millionen oder doch nur 250.000 Spermien pro Sekunde – und dann kam die Werbung und erst danach platzte das Busenfragment. Die Antwort kam dann auch, aber das war ja egal. Jetzt schmeißt Dolly hin, den BH sowieso, aber auch den Job. „Ständig gab es Streit, weil mir die Redakteure immer irgendwas in den Mund legten“. Bild faßt zusammen: „Sie hat die Nase voll!“ Das möchten wir gerne von Horst Haitzinger illustriert haben – Nase voll und irgendwas im Mund von irgendwelchen Redakteuren, die das da reingelegt haben. Peter Hahne weiß von nichts, ist nicht wirklich wichtig. Benjamin v. Stuckrad-Barre
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